Dekanat Vorderer Odenwald

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    Ehrenamt

    Der Turmwächter

    sru/DekanatEng verwachsen mit der Kirchengemeinde in Lengfeld: Günter Grau auf dem Kirchturm.

    Die Kirchenvorstandswahl im vergangenen Sommer hat einen großen Wechsel gebracht. Viele langjährige Mitglieder des Kirchenvorstands sind ausgeschieden. Günter Grau war zwölf Jahre lang im Lengfelder Kirchenvorstand. Mit der Kirche verbandelt ist er schon seit seiner Kinderzeit.

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    92 Holzstufen geht es den Lengfelder Kirchturm hinauf, vorbei an Löchern in der Decke, durch die früher die Seile für die Glocken geführt waren, vorbei an den Glocken selbst. „Wenn die läuten, müssen Sie sich die Ohren zuhalten“, sagt Günter Grau. Beim Gang nach oben weiß er viel zu erzählen. Von den Schleiereulen die unter dem Dach des Kirchenschiffes nisteten, vom Blasebalg der alten Orgel, der hier noch lagert, von den Glocken, die per Seil mit der Hand geläutet wurden und von der Uhr, die früher einmal am Tag nach dem 11-Uhr-Läuten mit der Hand aufgezogen werden musste – beides hat Günter Grau als Bub gemacht. Wie oft er schon auf dem Kirchturm war? „Unzählbar“, sagt er.

    Vom Kirchturm aus ergeben sich neue Perspektiven
    Und dann macht er das Türchen auf, das auf die Brüstung des Lengfelder Kirchturms führt. Und der Blick fällt direkt auf die Veste Otzberg. Bei klarem Wetter ist in der Ferne die Skyline von Frankfurt zu sehen. Auf der Neunkirchner Höhe und dem Groß-Umstädter Binselberg drehen sich die Windräder. Das Dorf wirkt von hier oben ganz anders. Drumherum viele Felder. Wenn Günter Grau hier oben steht, weiß er noch genau, wie es früher ausgesehen hat, als Neubau- und Gewerbegebiet noch nicht erschlossen waren. Der Straßenlärm schallt nach oben und ist doch seltsam fern. Wie es ihm hier oben geht? „Man fühlt sich frei und mit der Landschaft verbunden“, sagt Günter Grau. Und: „Man ist weit weg und hat seine Ruhe.“

    Günter Grau wohnt nur wenige Schritte entfernt. Sein Leben ist eng verwoben mit der evangelischen Kirche in Lengfeld. „Das ist unsere Kirche“, sagt der 66-Jährige. Als Zehnjähriger läutete er die Glocken und zog die Uhr auf, später bestückte die vier Schaukästen mit den Wochenplänen, half mit bei der Bestuhlung von Veranstaltungen und an Weihnachten den Christbaum aufzustellen. Eins kam zum anderen.

    Anfang der 1970er Jahre half er bei den Jugendveranstaltungen wie den Filmführungen, Nachtwanderungen und Discos mit. Denn Pfarrer Hans-Dieter Ehinger lag die Jugendarbeit sehr am Herzen. Ein Highlight war das Musical-Projekt, das Pfarrer Helmut Spindler und Ralph Scheiner initiierten, und das später zur MusicalFactory 64853 werden sollte. Unvergessen ist die Aufführung „Joseph“. Das Ehepaar half mit bei Auf- und Abbau und der Bewirtung der Truppe, Gisela Grau kümmerte sich außerdem um Kostüme und Kulissen.

    Mit der Kirchengemeinde verwachsen

    „Das ist unsere Kirche“: Damit meint Günter Grau eben immer auch seine Frau, die schon lange als Gemeindesekretärin arbeitet und mit der er sich im Kirchenvorstand quasi abgewechselt hat. Denn als Labormeister hat er 16 Jahre lang an der Technischen Universität in Karlsruhe gearbeitet und dort unter der Woche auch gewohnt. „Wir sind sehr verwachsen mit der Kirchengemeinde“, sagt Günter Grau. „Das hat einfach dazu gehört.“

    Insgesamt zwölf Jahre lang war Günter Grau im Kirchenvorstand in Lengfeld. In dieser Zeit war er Delegierter in der Synode des Evangelischen Dekanats Vorderer Odenwald, wo er auch die Kassenprüfung für den Dekanatshaushalt übernahm. Für seine langjährigen Verdienste ist der Lengfelder mit der Ehrenurkunde der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) ausgezeichnet worden. Was ihn antreibt? „Der Glaube ist sehr wichtig für mich, um das Leben bestehen zu können“, sagt Günter Grau. Glaube heiße für ihn „Kraft tanken, sich gehalten und verbunden zu fühlen“.

    Wenn das Ehepaar Grau sich nun aus dem Kirchenvorstand zurückgezogen hat, um Platz zu machen für Jüngere – die Verbundenheit bleibt. Und wenn Hilfe nötig ist – zuletzt haben die Graus den ganzen Tag beim Pfarrfest mitgeholfen – ist Günter Grau immer ansprechbar: „Es sind nur ein paar Schritte, ich kann jederzeit hochlaufen.“

    Hintergrund
    Lengfeld wird 1244 erstmals als Pfarrei erwähnt. Die Lengfelder Kirche ist die einzige Kirche im Evangelischen Dekanat Vorderer Odenwald, die (seit der Außenrenovierung 1910) einen komplett weißen Turm hat, inklusive Turmhelm. Der Kirchturm ist einer von wenigen mit Brüstung, die begangen werden kann. An Festtagen wie zur Konfirmation oder Kirchweih werden in den vier Ecken des Brüstungsgeländers Fahnen angebracht.

     

    In loser Folge wird das Engagement der ausgeschiedenen bzw. geehrten Ehrenamtlichen im Evangelischen Dekanat Vorderer Odenwald vorgestellt.

    Christel Oertl aus Reinheim: „Kirche ist für mich Heimat”
    Herbert Lorenz aus Reichelsheim: Ein unermüdlicher Helfer
    Dr. Waltraud Frassine aus Reichelsheim: Herzensanliegen Ökumene
    Ursel Zieg aus Reichelsheim: Im Einsatz für die Gemeinschaft
    Dr. Michael Vollmer aus Georgenhausen: Wechsel an der Dekanatsspitze
    Dorothea Hartmann aus Neunkirchen: „Der Glaube gehört zu mir”
    Renate Hofmann aus Lengfeld: Mehr Zeit für die Familie
    Liesel Delzeit aus Lengfeld: Begeisterte Pilgerin
    Doris Schreiber aus Ueberau: Die Seele der Freitagabendandachten

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