Ehrenamt
Herzensanliegen Ökumene
sru/DekanatWaltraud Frassine und die Michaelsgemeinde in Reichelsheim: eine enge Verbindung.17.12.2021 sru Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Der Abschied aus dem Kirchenvorstand ist für Dr. Waltraud Frassine ein großer Einschnitt. „Das Leben zieht sich immer mehr ins Private zurück“, sagt die Reichelsheimerin. Mehr Freiheit, Zeit und Gestaltungsraum auf der einen Seite, Verlust von Gemeinschaft und Austausch auf der anderen Seite. Die Mitarbeitertage, gemeinsame Ausflüge, die intensive Auseinandersetzung mit bestimmten Themen wie etwa der Segnung gleichgeschlechtlicher Paare vor einigen Jahren: „Miteinander und gemeinsam etwas machen und Ideen entwickeln, ist immer das Kennzeichen der Kirchengemeinde gewesen“, sagt die 71-Jährige.
Sie habe lange gerungen, ob sie weitermachen soll und sei doch erleichtert über ihre Entscheidung.
Was kann und soll Kirche?
Das Leben der promovierten Diplom-Agraringenieurin und ihrer Familie ist eng mit der Michaelsgemeinde in Reichelsheim verbunden. 1982 zogen sie und ihr Mann Bernhard, ebenfalls Diplom-Agraringenieur, mit zwei Töchtern aus Gelnhausen nach Reichelsheim – des Klimas wegen, die älteste Tochter litt stark unter spastischer Bronchitis, und weil eine Stelle an der Landwirtschaftsschule ausgeschrieben war. Über die Kinder, insgesamt sechs und mittlerweile sieben Enkelkinder, kamen Frassines schnell in Kontakt mit den Pfarrfamilien – und darüber ins Gespräch, was Kirche kann und soll.
Waltraud Frassine ist in Braunschweig geboren und in einem landwirtschaftlichen Betrieb groß geworden. Kirche und evangelischer Glaube waren selbstverständliche Teile des Lebens. Während des Studiums in Gießen lernte sie ihren späteren Ehemann kennen, der sie mit einer ganz anderen Welt der Spiritualität in der katholischen Kirche bekannt machte. Das gemeinsame Erkunden dessen, was dem Anderen jeweils wichtig ist, war dann die Grundlage dafür, sich auch in Reichelsheim für das Miteinander der Konfessionen einzusetzen. Dass Bernhard Frassine im Pfarrgemeinderat und Waltraud Frassine im Kirchenvorstand engagiert waren, bot dafür die allerbesten Voraussetzungen.
Ökumene im umfassenderen Sinne kam bald durch die partnerschaftlichen Begegnungen über das Dekanat Reinheim, später Dekanat Vorderer Odenwald, dazu: Gäste aus Südafrika fanden immer ein freies Bett bei Frassines.
Kirchenmusik verbindet
Als Joachim Meyer, Dekan des Evangelischen Dekanats Vorderer Odenwald, noch Pfarrer in Reichelsheim war, habe er sie in die Gottesdienste eingebunden und Bibeltexte lesen lassen, erzählt Waltraud Frassine. Sie machte eine Ausbildung zur Lektorin, später zur Prädikantin, engagierte sich im Gottesdienstarbeitskreis und in der Konfirmandenarbeit. Verstärkt wurde die Bindung an die Kirchengemeinde durch die Kirchenmusik. Die Kinder sangen begeistert im Kinderchor mit, Bernhard Frassine spielt im Posaunenchor, und sobald es möglich wurde, weil die Kinder abends auch mal allein bleiben konnten, sang Waltraud Frassine im Kirchenchor mit.
2004 rückte sie in den Kirchenvorstand nach und wurde bald auch stellvertretende Vorsitzende. Von 2011 bis 2021 war Waltraud Frassine Vorsitzende des Kirchenvorstands der Michaelsgemeinde und außerdem Mitglied in verschiedenen Ausschüssen der Kirchengemeinde und im Organisationsteam der Gedenkveranstaltung zum 9. November. „Für mich ist immer wieder Vertrauen die große Herausforderung: Vertrauen – dass ich nicht alleine bin, dass ich gehalten bin, dass es ein gutes Ende gibt“, beschreibt die Reichelsheimerin ihren Glauben.
Vielfältige Aufgaben
Als Vertreterin ihrer Kirchengemeinde war sie in die Dekanatssynode entsandt. Bis zur Überführung der evangelischen Kita in die Gemeindeübergreifende Trägerschaft der Kindertagesstätten (GüT), die beim Dekanat angesiedelt ist, war Dr. Waltraud Frassine in der Personalverantwortung für das Kita-Personal, im Anschluss dann im Trägervorstand der GüT.
Sie war in der ökumenischen Leitungsrunde und hat zusammen mit ihrem Ehemann ein jährliches Ökumene-Treffen ausgerichtet, bei dem es in der Regel auch etwas Gutes zu essen gab. Die Renovierung der Kirche hat sie miterlebt und begleitet. Ebenso den Einbau der neuen Küche im Gemeindehaus. Sie hofft, dass diese bald wieder so intensiv genutzt werden kann wie in der Vor-Corona-Zeit.
Die Liste ihrer Verdienste um Michaelsgemeinde und Dekanat Vorderer Odenwald ist lang. Bei der Verabschiedung im Erntedank-Gottesdienst wurde Waltraud Frassine nun mit der Silbernen Ehrennadel der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) ausgezeichnet.
Ganz ins Private wird sich ihr Leben jedoch nicht zurückziehen: In der Redaktion des Gemeindebriefs „heimatbote“ und im Besuchsdienstkreis wird Waltraud Frassine weiter mitarbeiten; ebenso im GenerationenNetz Reichelsheim. Und als Prädikantin, also als ehrenamtliche Predigerin, ist sie auch weiterhin im Dekanat unterwegs. „Die Michaelsgemeinde bleibt nach wie vor wichtig für mich“, sagt sie, „und im MichelsChor fühle ich mich sowieso zuhause.“
In loser Folge wird das Engagement der ausgeschiedenen Ehrenamtlichen im Evangelischen Dekanat Vorderer Odenwald vorgestellt.
Christel Oertl aus Reinheim: „Kirche ist für mich Heimat”
Herbert Lorenz aus Reichelsheim: Ein unermüdlicher Helfer
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