Lutherglossen
Auf der Flucht – aber wohin?
privatHans-Joachim Greifenstein nimmt die Probleme der Gesellschaft unter die Lupe und fragt: Was würde Luther dazu sagen?25.11.2024 sru Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Martin Luther war alles andere als ein Weichei: „Ich bin dazu geboren, dass ich mit den Rotten und Teufeln muss kriegen und zu Felde liegen“, hat er einmal von sich selbst gesagt. Scheint so, als ob er einer dieser Typen war, die in der Schule dem Lehrer widerfrechen oder bei der Nationalhymne sitzen bleiben, weil sie das gerade im Amt befindliche Regierungspersonal für unterbelichtet halten.
Für so was gibt's natürlich Haue, und Luther – selbst nicht zimperlich beim Austeilen – hat zeitlebens oft was auf die Mütze bekommen. Am Kritischsten war es wohl, als er vom Wormser Reichstag nach Hause wollte. In Worms war er zum gesamtdeutschen Popstar geworden, weil er Papst und Kaiser getrotzt hatte. Trotzköpfe aber saßen damals ziemlich locker auf dem Hals, weil es so etwas wie „Halsgerichtsordnungen“ gab.
Die Bamberger von 1507 drohte den allzu Vorlauten z.B. wie folgt:„...also nim ich dein leib und gut aus dem fride und thu sie in den unfrid und künde dich den vögeln frei in den lüften …solt auf keiner straßen nindert fride noch geleit haben.“ Im Klartext: Bleib lieber zu Hause, da draußen droht Dir Halsumdrehen!
Luthers Heimreise wurde zur Flucht und bevor ihn die Falschen schnappten, kriegten ihn – Gott sei Dank! – die Richtigen: Waffenträger seines ihm wohlgesonnenen Landesherren Friedrich holten ihn am 4.5.1521 im Glasbachgrund bei Steinbach in Thüringen vom Wagen. Er hatte eine aktive Schutzmacht und damit mehr Glück als viele die ihres heute übers Mittelmeer zu finden versuchen. Dessen sicher sein konnte er sich aber nicht, als er im Wald einen Sack über den Kopf gezogen bekam, sondern erst abends auf der Wartburg. Damals gab es in Thüringen noch keine Neonazis und niemand drohte ihm damit, seine Unterkunft in Brand zu setzen. Glück muss der Mensch haben! Und einen Regierungschef, der mit dem Beinamen „der Weise“ in die Geschichte eingehen konnte. Ach, hätten wir heute auch recht viele von dieser Sorte!
Noch wichtiger als Glück aber war Luther sein Gottvertrauen. Viel geistlichen Mumm hat er (von seinem katholisch gebliebenen!) Beichtvater Staupitz eingeträufelt bekommen. Nach ihm klingen so Sätze wie: „Ein Gott heißt das, von dem man alles Gute erwarten und Zuflucht nehmen soll in allen Nöten....“.
Bei ihm ist die Flucht zu Ende und die Heimat fängt an. Das zu glauben hat Luther den Hals gerettet.
Hans-Joachim Greifenstein hat zusammen mit Clajo Herrmann der Erste Allgemeine Babenhäuser Pfarrer(!) Kabarett gegründet. Am 4. Februar 2024 ist Clajo Herrmann im Alter von 68 Jahren überraschend gestorben. Hans-Joachim Greifenstein hat sich entschieden, alleine weiter zu machen. Wie es ihm dabei geht, schildert er auf www.pfarrerkabarett.de/ Hier gibt es auch die Termine.
Die Lutherglossen sind zum Reformationsjubiläum im Magazin „blick in die Kirche” der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) erschienen.
Bisher veröffentlicht:
Atemberaubend unprofitabel
Freiheit = Chaos + Verderben?
Konfirmanden ade
Abschied und Aufbruch
Auf die Kleinen hören
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