Dekanat Vorderer Odenwald

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    Lutherglossen

    Auf die Kleinen hören

    privatHans-Joachim Greifenstein nimmt die Probleme der Gesellschaft unter die Lupe und fragt: Was würde Luther dazu sagen?

    Hans-Joachim Greifenstein ist Pfarrer und Kabarettist. Er lebt in Babenhausen und hält als Ruhestandspfarrer nach wie vor Gottesdienste, zum Beispiel in Langstadt. Was würde Luther dazu sagen? Dazu hatte er anlässlich des Reformationsjubiläums Glossen geschrieben, die nach wie vor aktuell sind. In unregelmäßigen Abständen werden sie hier veröffentlicht. Heute: Was uns die Kinder beim Glauben voraus haben.

    Von Hans-Joachim Greifenstein

    Der junge Pfarrer geht voller Eifer auf die Kanzel und rechnet wortgewandt mit allen Gottesleugnern ab: Marx, Nietzsche, Freud – jeder kriegt sein Fett ab. Erst werden sie zitiert, dann rhetorisch brillant widerlegt. In dieser Sternstunde der Predigtkultur wird ein wahres Feuerwerk an Gelehrsamkeit abgebrannt. Nachdem sich Blitz und Donner verzogen haben, verabschiedet sich am Ausgang eine ältere, treue Gottesdienstbesucherin vom Verkündiger. Sie blickt ihm fest in die Augen und gibt ihm dann Bescheid: „Also Herr Pfarrer, Sie können sagen was Sie wollen, unseren Herrgott – den gibt es doch.“

    Allzu schlau ist manchmal doch nur ein anderes dumm.

    Martin Luther hat so etwas wohl geahnt. Seine gelehrten Mit-Reformatoren hat er schon mal als „meine Klüglinge” verspottet und sie für seine Gottesdienste nicht als lohnende Zielgruppe angesehen: „Wenn ich in meiner Predigt sollte Philipp Melanchthon und andere Doktoren ansehen, so machte ich nichts Gutes.....” Orientiert hat er sich lieber an den Kleinsten in der Gemeinde: „Der Kinder Glauben und Leben ist am besten, denn sie haben nur das Wort, daran sie sich halten und geben Gott fein einfältig die Ehre.... Wir alten Narren aber haben das Herzeleid und das höllische Feuer, disputieren noch lange über das rechte Wort und müssen uns dennoch zuletzt nach ihrem Exempel allein ans Wort halten.”

    Im Aids-Drama „Philadelphia“ spielt Denzel Washington einen gerissenen Anwalt, der sich von seinen Mandanten den Fall immer so erklären lässt: „Erzählen Sie es mir so, als ob ich acht Jahre alt wäre.” Ein toller Trick! Wer keinen Kindergottesdienst kann, sollte sich auch nicht vor Erwachsene trauen. Lieber ein kleiner Glaubender als ein kleingläubiges Großmaul.

    Im Glauben geht es ja nicht um schön gedrechselte Worte, sondern um eine vertrauensvolle Haltung zum Leben. Die Grundidee ist eigentlich einfach, nur es lebt sich nicht ganz so einfach danach. Die Überschrift ist klar, aber das Leben spielt sich ja meistens im Kleingedruckten ab. Luther hat das gewusst: „Wenn ich auch ein sogenannter großer Doktor bin, so bin ich doch über die Kinderlehre der Zehn Gebote noch nicht hinausgekommen, sondern ich lerne sie bis heute täglich mit meinem Hänschen und meinem Lenchen.....”

    Die auf die Kleinen zu hören vermögen, das sind die wirklich Großen.

    Hans-Joachim Greifenstein hat zusammen mit Clajo Herrmann der Erste Allgemeine Babenhäuser Pfarrer(!) Kabarett gegründet. Am 4. Februar 2024 ist Clajo Herrmann im Alter von 68 Jahren überraschend gestorben. Hans-Joachim Greifenstein hat sich entschieden, alleine weiter zu machen. Wie es ihm dabei geht, schildert er auf www.pfarrerkabarett.de/ Hier gibt es auch die Termine.
    Die Lutherglossen sind zum Reformationsjubiläum im Magazin „blick in die Kirche” der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) erschienen.

    Bisher veröffentlicht:
    Freiheit = Chaos + Verderben?
    Konfirmanden ade
    Abschied und Aufbruch

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