Dekanat Vorderer Odenwald

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    Corona und Armut

    Situation der Tafeln: Statt für drei Tüten reicht es nur für eine (mit Video)

    Jörn von LutzauEin Aufsteller der Frankfurter Tafel auf einem Gehweg im BahnhofsviertelDie Frankfurter Tafeln haben mit der Corona-Krise zu kämpfen.

    Viele Tafeln haben mittlerweile geschlossen. Für Menschen, deren Geld nicht für das Nötigste reicht, ist dies eine Katastrophe. Die Frankfurter Tafel versorgt weiter die Menschen, hat aber weniger Lebensmittel als sonst zum Verteilen

    Von Doris Stickler (Evangelische Sonntags-Zeitung)

    Wegen der Infektionsgefahr mit dem Coronavirus mussten bundesweit bereits viele Ausgabestellen der Tafel schließen. Von den zwölf Standorten in Frankfurt beendete bislang nur eine den Betrieb. Die Ausgabe war in einem Seniorenzentrum angesiedelt. Aus Sorge um ihre Gesundheit hat die Tafel jedoch an alle Älteren appelliert, gegenwärtig auf den Besuch zu verzichten.

    Besuche von älteren Kunden gehen zurück

    Nach Beobachtung von Aydin Aslan ist deren Zahl auch um etwa die Hälfte zurückgegangen. Da »60 bis 70 Prozent der Kunden«  ältere Bürger sind, sei der Andrang entsprechend zurückgegangen. Zudem sehe man derzeit von Neuaufnahmen ab. Andererseits erhalte die Tafel auch deutlich weniger Waren. »Die Supermärkte kommen mit ihren eigenen Sachen kaum hinterher.« Für den 47-Jährigen, der hauptamtlich die Ausgabe in der Münchner Straße organisiert, ist klar: »Solange wir noch Lebensmittel bekommen, sind wir da. Es sei denn, die Stadt verordnet die Schließung.« Er hoffe, dass dies nicht geschehen wird. Zumal der Ausgaberaum sehr groß sei, nur vier Menschen gleichzeitig eingelassen würden und die Wartenden zwei Meter Abstand voneinander wahren müssen.

    Ausreichend Abstand wird nicht immer eingehalten

    Es gebe zwar immer wieder Leute, die das trotz der Hinweisschilder ignorieren. Nach der Aufforderung durch die Mitarbeitenden hielten sie sich aber daran. Ärger hat es zu Aydin Aslans Erleichterung durch die angespannte Lage noch nicht gegeben, selbst wegen der merklich geschrumpften Lebensmittelmengen nicht.

    Normalerweise nehme jeder drei gefüllte Tüten mit, im Moment sei es nur eine. »Die meisten Kunden haben Verständnis, dass es weniger gibt und sind froh, überhaupt noch etwas zu bekommen.« Das ist laut dem gelernten Bürokaufmann nicht zuletzt dem Engagement junger Menschen zu verdanken. Es es ein »Glücksfall, dass etliche neu zum Team gestoßen sind«.

    Mit weniger Helfern arbeiten – Jüngere willkommen

    Das hatte sich nämlich stark ausgedünnt. Da sich die meisten Ehrenamtlichen im Seniorenalter befinden, blieben nun viele zu Hause. Daher habe die Tafel auf ihrer Website um Unterstützung gebeten. Die fast 20 Leute, die sich bei ihm gemeldet haben, seien mehrheitlich Studentinnen und Studenten.

    Es gibt aber auch Berufstätige wie Max, der sich mit dem reduzierten Arbeitspensum im Homeoffice nicht begnügen mochte. »Ich wollte lieber etwas Sinnvolles tun, statt zu Hause nur herumzu- sitzen. Als ich gehört habe, dass die Tafel Fahrer sucht, habe ich mich gemeldet«, erklärt der 29-Jährige und findet: »Die Versorgung der Bedürftigen muss unbedingt aufrechterhalten werden.« Das sieht auch Katharina so, die sich trotz ihrer 77 Jahre nicht von ihrem Tafel-Einsatz abhalten lässt. Sie sei seit dem Tod ihres Mannes vor sechs Jahren dabei und wolle auch in Coronazeiten weitermachen. »Ich esse viel Obst und Gemüse und habe keine Angst, mich anzustecken«, versichert sie und nimmt die Situation sogar mit Humor. »Ich bin gebürtige Ungarin mit heißem Temperament, das hilft gegen das Virus«, sagt sie scherzhaft.

    Wie alle anderen im Team achtet natürlich auch sie darauf, sich so gut es geht zu schützen. Das heißt vor allem, sich häufig die Hände zu waschen und Abstand zu wahren. Manche der Ehrenamtlichen haben sich einen Mundschutz angezogen. Ähnliche Vorkehrungen treffen auch die Kundinnen und Kunden.

    Einhaltung der Schutzmaßnahmen wird überwacht

    Wie ein 62-jähriger Herr erzählt, sei er »insgesamt vorsichtiger geworden« und bemühe sich, »möglichst wenig anzufassen«. Er sei auf die Tafel angewiesen und froh, dass die Ausgabe noch funktioniert: »Ob das so bleibt, hängt viel davon ab, wie vernünftig sich die Kunden verhalten.« In dieser Hinsicht gibt es für manche noch einiges zu lernen. Die Tür zur Ausgabestelle in der Münchner Straße befindet sich in einer Toreinfahrt, weshalb die Schlange der Wartenden bis auf den Bürgersteig reicht. Weil an einem Freitag die Menschen nicht weit genug auseinanderstanden, forderten vorbeifahrende Polizeibeamte via Megafon größeren Abstand ein – mit der deutlichen Warnung, dass die Ausgabe andernfalls geschlossen wird. Als Aydin Aslan das mitbekommt, geht er sofort nach draußen und schärft dies den Kunden ebenfalls nochmals ein. Er glaube, dass die Leute das einfach vergessen haben und sich erst noch an die Einhaltung des Sicherheitsabstands gewöhnen müssen. Wie an viele andere neue Regeln im Alltagsleben auch.

    Zuversichtliche Haltung bewahren

    Sich der enormen Herausforderungen bewusst, versucht der Tafelmitarbeiter dennoch Zuversicht zu bewahren. Auch wenn er mit Blick auf die Entwicklungen der nächsten Zeit nur mit den Schultern zucken und sagen kann: »Die Situation ändert sich Tag für Tag, wir müssen jetzt eben ständig schauen, wie wir durch diese Krise kommen.« Aydin Aslan sortiert im Ausgaberaum die Waren. Sie sind deutlich weniger geworden.

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