Dekanat Vorderer Odenwald

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    Positionspapier

    Frauenverband fordert Abschaffung des Paragraphen 219a StGB

    istock.com/KatarzynaBialasiewiczFrau sitzt in einem BeratungsgesprächÄrzte dürfen nicht kriminalisiert werden, wenn Sie ihrer legitimen Aufklärungspflicht nachkommen und ihre Patientinnen informieren wollen, fordert der Landesverband Evangelische Frauen in Hessen und Nassau e.V.

    Der Verband Evangelische Frauen in Hessen und Nassau e. V. fordert die Abschaffung des Paragraphen sowie eine stärkere gesellschaftliche Debatte über die Probleme, denen sich Menschen mit Kindern und auch Schwangere gegenübersehen.

    „Der Paragraph 219a kriminalisiert Ärzte und Ärtztinnen, ignoriert die Lebensrealitäten von Frauen und hat zudem seinen Ursprung in der nationalsozialistischen Bevölkerungspolitik“, so Luise Böttcher, Vorsitzende des Frauenverbands. „Darüber hinaus ist er schlicht überflüssig: in der Berufsordnung für Ärzte ist dieser Sachverhalt bereits geregelt. Berufswidrige Werbung ist darin explizit verboten.“

    Positionspapier

    Im Kontext der aktuellen Diskussion um den Paragraphen 219a des Strafgesetzbuches hat der Landesverband Evangelische Frauen in Hessen und Nassau e.V. ein Positionspapier veröffentlicht, das auch als Argumentationshilfe genutzt werden kann. Es steht auf der Homepage des Verbands (www.evangelischefrauen.de) zum Download zur Verfügung. 

    Zwischen Information und Werbung werde beim §219a nicht unterschieden

    Abtreibungsgegnerinnen nutzen den §219a StGB vermehrt, um Ärzte oder Arztinnen anzuzeigen und unter Druck zu setzen. Der Paragraph verbietet es Ärzten, für einen Schwangerschaftsabbruch zu werben und stellt Verstöße gegen dieses „Werbungsverbot“ unter Strafe. Dabei wird jedoch nicht zwischen Information und Werbung unterschieden. Bereits der Hinweis, dass in einer Praxis Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden, kann als Werbung und somit als Straftat ausgelegt werden.

    Auch die Befürchtung, Ärzte könnten Schwangerschaftsabbrüche kommerzialisieren und sich an ihnen bereichern, entbehrt jeglicher Grundlage: Eine Werbung für medizinische Leistungen ist bereits durch die Berufsordnung der Ärzte ausgeschlossen. Dafür braucht es keinen §219a StGB. Er stellt jedoch Abtreibungsgegnerinnen ein Instrument zur Verfügung, Ärzte zu kriminalisieren, wenn Sie ihren sittlichen Grundlagen entsprechend ihrer legitimen Aufklärungspflicht nachkommen und ihre Patientinnen informieren wollen. „Abtreibungsgegner verbreiten so ein Klima der Einschüchterung und der Verunsicherung“, so Luise Böttcher. „Dass sie das mit Hilfe des geltenden Rechtes tun können, ist schlicht nicht hinnehmbar.“

    Historische Herkunft problematisch 

    Darüber hinaus ist auch die historische Herkunft des §219a StGB problematisch. Er wurde 1933 von den Nationalsozialisten eingeführt, um eine verschärfte Bevölkerungspolitik zu etablieren. Bei der wiederholten Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen wurde dies als Angriff auf die „Lebenskraft des deutschen Volkes“ definiert und der Durchführende konnte mit dem Tod bestraft werden.

    Schwangerschaftsabbruch sei niemals normal

    „Neben der unzulässigen Kriminalisierung von Ärztinnen und der historischen Dimension missachtet der Gesetzgeber mit dem §219a explizit die Lebensrealität von Frauen“, so Böttcher weiter. Denn das Werbeverbot soll laut Gesetzeskommentar verhindern, dass Schwangerschaftsabbrüche in der Öffentlichkeit als etwas „Normales“ wahrgenommen werden. „Doch in unserer Gesellschaft ist der Schwangerschaftsabbruch nicht normal. Das wird er für die Betroffenen auch niemals sein. Normal ist vielmehr die reale Armutsgefahr durch Kinder, den daraus folgenden Verlust der beruflichen Perspektive und der folgenden Altersarmut. Diese Normalität wird individualisiert und zur persönlichen Fehlleistung der einzelnen Frau gemacht.“ Menschen, die sich für einen Schwangerschaftsabbruch entschieden haben, brauchen Unterstützung bei der Verarbeitung dieser schwerwiegenden Entscheidung. „Der §219a StGB darf nicht weiterhin eine Normalität befördern, die die oftmals schwierigen Bedingungen für schwangere Menschen in dieser Gesellschaft verdeckt und sie mit ihren Sorgen zu oft alleine lässt. Daher fordern wir die Abschaffung des Paragraphen 219a StGB und die Stärkung des bestehenden Beratungs- und Hilfsangebots.“

    Existenzsicherung schütze werdendes Leben

    „Werdendes Leben ist unbedingt zu schützen“, so Luise Böttcher. „Eine Kriminalisierung und Stigmatisierung von Ärztinnen und Frauen, die eine Schwangerschaft abgebrochen haben, ist jedoch der falsche Weg. Vielmehr sollten unsere Gesetze der noch immer realen Benachteiligung von Frauen, insbesondere mit Kindern, entgegenwirken. Denn wenn die eigene Existenz gesichert ist und die Gesellschaft Kinder wertschätzt und nicht zum Nachteil erklärt, werden Menschen sich im Falle einer ungewollten Schwangerschaft leichter gegen einen Abbruch entscheiden können.“

    § 219a in der Diskussion

    Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, hat sich vorige Woche gegen eine Abschaffung des Werbeverbots für Abtreibungen ausgesprochen

    Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau halte an den geltenden gesetzlichen Regelungen fest, sagte Pressesprecher Volker Rahn gegenüber dem epd. Die Kirche stehe mit ihren diakonischen Einrichtungen an der Seite von Frauen, die ungewollt schwanger werden. Sie unterstütze die Frauen zunächst darin, sich ihr Leben auch mit einem Kind vorzustellen. Jede einzelne Frau entscheide am Ende jedoch eigenverantwortlich für oder gegen einen Schwangerschaftsabbruch. Die Beraterinnen und Berater respektierten diese Entscheidung. Bezüglich des Paragrafen 219a sehe die EKHN aktuell keinen Handlungsbedarf. Mittelfristig müsse aber im Gesetz besser zwischen Werbung und Aufklärung unterschieden werden, wie der Gießener Fall gezeigt habe. Der Paragraf 219a sollte deshalb nicht abgeschafft, aber präzisiert werden.

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