Dekanat Vorderer Odenwald

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    Sommergespräch

    Jung: Es kommt darauf an, dass wir vertrauensbildende Maßnahmen ergreifen

    Peter BerneckerJung am RednerpultKirchenpräsident Volker Jung spricht vor Medienvertreter/innen über Themen, die ihn in jüngster Zeit bewegt haben.

    Wie bereits im vergangenen Jahr hat Kirchenpräsident Volker Jung am 15. August 2019 Journalistinnen und Journalisten zu einem Sommergespräch ins Frankfurter Dominikanerkloster eingeladen. Dabei sprach er in betont lockerer Atmosphäre über Themen, die ihn derzeit persönlich stark bewegen. Die Themenpalette reichte von den jüngst in einer Studie prognostizierten hohen Austrittszahlen der Kirchenmitglieder bis hin zum Ökumenischen Kirchentag, der 2021 in Frankfurt stattfinden wird.

    Das Thema „Kirchenentwicklung“ mit Bezug auf die im Mai dieses Jahres von einer Freiburger Forschergruppe vorgelegten Mitgliederstudie beschäftigt Volker Jung sehr stark. In der Studie werden bis zum Jahr 2060 kontinuierlich sinkende Mitgliederzahlen und ein damit verbundener drastischer Rückgang der Kirchensteuereinnahmen prognostiziert. Und auch die jüngsten, im Juli vorgelegten Zahlen zur Kirchenmitgliedschaft in der EKHN, bestätigen den Trend: Die Zahl der Kirchenmitglieder ist 2018 im Vergleich zum Vorjahr um 2,1 Prozent gesunken. „Das ist für uns ein schlechtes Ergebnis”, wertete Jung die Zahlen.

    Austrittsgründe sind schwer zu fassen

    Die Gründe für einen Austritt aus der Kirche seien nur schwer zu erfassen, sagte Jung. „Wir müssen auch darüber nachdenken, welche Rolle die Kirchensteuern bei den Austritten spielen.” Um die Altersgruppe der 25 bis 35-Jährigen müsse man sich verstärkt bemühen. In dieser Lebensphase wägen die Menschen eine Kirchenmitgliedschaft sehr stark nach einem Kosten-Nutzen-Vergleich ab. Vielen sei die Kirchensteuer angesichts hoher Lebenshaltungkosten gerade in Ballungsgebieten zu hoch. Andererseits gebe es wenig attraktive Angebote für diese Altersgruppe. „Manchen sei aber auch gar nicht bekannt, was die Kirche alles in allem anbiete, zum Beispiel im Bereich der musikalischen Bildung." Daher will Jung nun das Gespräch mit Gemeinden suchen, in denen die Austrittszahlen besonders hoch sind. Mit ihnen soll an Konzepten gearbeitet werden, man mit den jungen Erwachsenen besser in Kontakt kommen kann. Zum Beispiel könne das Angebot einer Feier der zehnjährigen Konfirmation eine gute Chance sein, Kirche wieder ins Bewusstsein der Menschen zu rücken.

    Belastung reduzieren, Vorteile anbieten

    Bezüglich der künftigen Finanzsituation der Kirche soll nach Angaben von Jung nochmals eine konkretisierte Prognose des Freiburger Forschungsteams in Auftrag gegeben werden. Hier sollen auch Modelle entwickelt werden, wie bestimmte Alters- oder Personengruppen von der Kirchensteuer vorübergehend entlastet werden können („ruhende Mitgliedschaft”). Kirchensteuerliche Massnahmen sind allerdings nur auf EKD-Ebene umsetzbar. Andere Massnahmen, wie zum Beispiel ein Kontingent an Plätzen in Kindertagsstätten für Kirchenmitglieder vorzuhalten, sei aber sehr an die regionalen Verhältnisse anzupassen. In manchen Regionen sei die Versorgung mit Kita-Plätzen ausreichend, andernorts kann die Nachfrage nicht bedient werden. „Ich verstehe den Frust, wenn ausgerechnet Mitglieder der Evangelischen Kirche keinen Kita-Platz für ihre Kinder in einer evangelischen Einrichtung bekommen”, sagte Jung. Auch wenn pauschale Lösungen ausscheiden, so will der Kirchenpräsident darüber nachdenken, ob es nicht doch Wege gebe, im Bedarfsfall Kirchenmitgliedern zu Kita-Plätzen zu verhelfen.

    Beunruhigende Nachrichten zerstören Vertrauen

    „Die Nachrichten in diesem Sommer haben mich sehr belastet”, bekannte Jung und wechselte damit das Thema. Der Mord an Regierungspräsident Walter Lübke, die Schüsse in Wächtersbach, der Vorfall im Frankfurter Hauptbahnhof, wo ein Junge vor einen Zug gestoßen wurde, aber auch Berichte von den Schießereien in Texas und Ohio mit vielen Todesopfern, all dies zerstöre das Vertrauen der Menschen in eine funktionierende Gesellschaft. Menschen, die allem misstrauen, seien aber gefährlich für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Populistische Parteien nutzte dies nur allzugerne aus. Mit Sorge blicke Jung daher auf die anstehenden Landtagswahlen (1. September) in Brandenburg und Sachsen.

    Im Netz beobachtet Jung eine zunehmende verbale Gewalt, zum Beispiel in Form von Hass-Postings in sozialen Netzwerken. Hassmails trügen zunehmend bestürzende Gewaltbereitschaft. Pfarrerin Jutta Jeckel, die eine Andacht gehalten hatte und auch an die tragische Situation des Täters erinnerte, habe danach rund 70 recht aggressive Zuschriften erhalten.

    Es sei eine wesentliche Aufgabe der Kirche, das Vertrauen der Menschen in die Gesellschaft und auch das Vertrauen in Gott zu stärken. Der diesjährige Kirchentag in Dortmund habe mit seiner Losung „Was für ein Vertrauen” die Zeichen der Zeit erkannt.

    Seenotrettung verstaatlichen

    Hinsichtlich der Seenotrettung auf dem Mittelmeer plädiert der Kirchenpräsident für eine staatliche Verantwortung. Damit stimmt er mit der Bundeskanzlerin Merkel überein, die ebenfalls fordert, wieder staatliche Rettungsschiffe auf dem Mittelmeer einzusetzen. Derzeit werde die Seenotrettung von privaten Organisationen betrieben, deren Möglichkeiten aber immer da enden, wo die Flüchtlinge an Land gehen. „Die Europäische Union muss schnellstens ein solidarische Verteilsystem für die Migranten schaffen”, sagte Jung.

    Ökumenischer Kirchentag soll sich thematisch nach außen richten

    Die Zusammenarbeit mit dem Bistum Limburg zur Vorbereitung des Ökumensichen Kirchentages in knapp zwei Jahren in Frankfurt sei sehr gut und produktiv, sagte Jung. Das gemeinsame Abendmahl von evangelischen und katholischen Christen, wie es sich Frankfurts Bürgermeister und Kirchendezernent Uwe Becker jüngst wünsche, sei zwar auch aus evangelischer Sicht erstrebenswert, sollte aber nicht den Ökumenischen Kirchentag thematisch bestimmen. Jung hofft auf eine pragmatische Lösung, das Abendmahl auf dem Kirchentag gemeinsam zu feiern. Der Ökumenische Kirchentag solle aber in erster Linie „nach außen gerichtete Themen" anschneiden. Wirtschaftsthemen seien in der Finanzstadt Frankfurt sicherlich gut verortet und würden den Menschen vermitteln, dass Kirche auch die großen gesellschaftlichen Themen in den Blick nehme. 

     

     

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