Dekanat Vorderer Odenwald

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    Geräuschlos kochen

    Brüllen zwecklos: In Frankfurt lernen Menschen mit und ohne Hörvermögen kochen

    Patrick SmithZehn junge Erwachsene lernen gemeinsam das KochenZehn junge Erwachsene lernen gemeinsam das Kochen

    Im Team arbeiten, ohne die Kollegen hören zu können: Für gehörlose Menschen ist die Jobsuche schwierig. Damit sie trotzdem eine Ausbildung machen können, gibt es in Frankfurt seit diesem Jahr eine Kochschule. Dort lernen gehörlose und hörende Menschen gemeinsam.

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    Marissa und Bartu machen in der Rothschildallee ihre Ausbildung im Gastgewerbe Die 32-jährige Elena ist gehörlos. Sie freut sich über ihre Ausbildung in der Rothschildallee

    Mit roten Schürzen um die Hüften und schwarzen Kochmützen auf dem Kopf wuseln die zehn angehenden Köche durch die Küche des Frankfurter Gehörlosenzentrums. Sie hacken Petersilie, kochen Kartoffeln oder schlagen Eier mit dem Schneebesen. Jeden Tag unter der Woche bereiten die jungen Köche den offenen Mittagstisch in der Rothschildallee 16a zu. 

    „Du brauchst nicht zu brüllen, die hören Dich nicht“ 

    Aber dass zwei Teilnehmer gehörlos sind und die Kommunikation mit ihnen nur ohne Geräusche verlaufen kann, daran müssen sich die Jugendlichen erst gewöhnen. Sozialpädagogin Stefanie Horn erinnert die Jugendlichen häufig daran, dass Lautstärke wenig hilfreich ist: „Du brauchst nicht zu brüllen, die hören Dich nicht.“ Horn schmunzelt. Es sei einfach so, dass es in einem drin stecke, hinter anderen her rufen zu wollen, ergänzt sie.

    Handys helfen bei Verständigung

    Während ihrer Ausbildung lernen die Jugendlichen neben Praxis und Theorie zwei Stunden pro Woche die Gebärdensprache. Sie ist wichtig, damit die Kommunikation untereinander funktioniert. Da das Projekt erst vor einigen Monaten begonnen hat, sind die Teilnehmer und Leiter noch am Anfang mit ihren Gebärden. Doch die jungen Köche haben Strategien entwickelt, mit denen die Verständigung trotzdem möglich ist. Der 17-jährige Bartu absolviert in der Rothschildallee seine Ausbildung. Ihm war es wichtig mit den gehörlosen Kollegen in Kontakt zu kommen: „Als ich sie kennenlernen wollte, habe ich meine Fragen ins Handy getippt. So konnten wir uns aussprechen“, erklärt er. In der Küche über das Smartphone zu kommunizieren ginge häufig schneller als mit Gebärden, bestätigt auch die Initiatorin des Projekts, Evelyn Rogowski.

    Mit Händen fragen bis es verständlich ist

    Elena ist 32 Jahre alt und gehörlos. Sie fühlt sich wohl in der Gruppe und ist froh hier eine Ausbildung machen zu können. Sie frage immer nach bis alle sie verstünden, sagt sie in Gebärdensprache. Wenn es Verständigungsprobleme gibt, übersetzt Mitarbeiter Marcel die Gebärden, die andere nicht verstehen. Er hat seit einigen Jahren Cochlea-Implantate. Sein Hörnerv funktioniert noch, durch die Implantate kann er wieder hören. Trotzdem ist es wichtig, laut, frontal und deutlich mit ihm zu sprechen, da er sonst Schwierigkeiten hat, das Gesagte zu verstehen und in Gebärden zu übersetzen. Neben Marcel helfen auch Gebärden-Dolmetscher bei der Verständigung.

    „Man nimmt die Menschen ganz anders wahr“

    Die hörenden Jugendlichen lernen mit ihrem Gesichtsausdruck und ihren Händen zu sprechen. Wenn die Gehörlosen mit dem Rücken zu ihnen stünden, sei Körperkontakt gefragt, betont Horn. Die 23-jährige Marissa macht ihre Ausbildung im Gastgewerbe und ist durch die Gehörlosen schon viel aufmerksamer geworden: „Man nimmt die Menschen ganz anders wahr, man achtet auf Mimik, Blicke und Gesten“.

    Aussicht nach der Ausbildung

    Damit die Jugendlichen nach ihrer Ausbildung eine Perspektive haben, werden einige ein Praktikum im Frankfurter Hotel und Tagungszentrum „Spenerhaus“ machen. Rogowski plant mit mehr Hotels in Kontakt zu treten und Jugendliche in Tandems zu vermitteln, also einen Hörenden mit einem Gehörlosen. Dadurch würden potenzielle Arbeitgeber mit dem Verständigungsproblem weniger stark konfrontiert.

    Rogowski hat ein klares Ziel: „Wir wollen, dass gehörlose und hörende Jugendliche miteinander kommunizieren können, sich kennenlernen und dass Barrieren abgebaut werden. Es wäre toll, wenn wir das schaffen.“ 

    Hintergründe und Finanzierung

    Seit Januar läuft das inklusive Ausbildungs- und Qualifizierungsprojekt der „Produktionsschule Frankfurt am Main/Lernbetrieb“ unter der Trägerschaft des evangelischen Vereins für Jugendsozialarbeit. In dem Projekt können junge Erwachsene den Hauptschulabschluss machen, Qualifikationsbausteine erlangen oder die Ausbildung zur Fachkraft im Gastgewerbe absolvieren. Sechs junge Erwachsene qualifizieren sich momentan, vier machen ihre Ausbildung. Zwei der Auszubildenden sind gehörlos. Das Projekt wird von einer Sozialpädagogin und einer Küchenmeisterin geleitet. Finanziert wird das Projekt von der Stadt Frankfurt und dem Europäischen Sozialfond.

     

     

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