Dekanatssynode
„Strukturen haben dienenden Charakter“
sru/DekanatDie Herbstsynode des Evangelischen Dekanats Vorderer Odenwald tagte in der Römerhalle in Dieburg.07.11.2023 sru Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Fakt ist, dass die Kirchengemeinden im Dekanat zu viele Flächen bei immer weniger Gemeindegliedern haben. Das soll sich mit dem Gebäudebedarfs- und -entwicklungsprozess (GBEP) ändern. Bis 2030 soll die Baulast auf dem Gebiet der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) um mindestens 20 Prozent reduziert und die Qualität der Gebäude verbessert werden. Als Faustregel für Gemeindehäuser gilt: vier Quadratmeter pro 100 Gemeindeglieder. Pro Nachbarschaftsraum ist ein Gemeindebüro vorgesehen. Bei Kirchen und Sakralräumen sollen es EKHN-weit zehn Prozent weniger werden, sagte EKHN-Kirchenarchitektin Elke Suden auf der Synode des Evangelischen Dekanats Vorderer Odenwald am Freitag in Dieburg. Die Verringerung des Bestands an Pfarrwohnungen und -häusern orientiert sich an der Pfarrstellenbemessung, also daran, wie viele Pfarrpersonen in den Nachbarschaftsräumen künftig tätig sein werden.
Unterschieden wird bei den Gebäuden in drei Kategorien: In Kategorie A werden die Gebäude erfasst, die langfristig gehalten werden, in Kategorie B finden sich die Gebäude, die mittelfristig, also für einen Zeitraum von 10 bis 15 Jahren bleiben, und in Kategorie C fallen die Gebäude, für deren Erhalt die Landeskirche ab 2027 kein Geld mehr gibt. „Das Gesetz schützt explizit die Kirchen“, sagte Elke Suden. Stichtag ist der 1. Januar 2021. Alles, was seither passiert ist – Verkauf, langfristige Vermietung – fließt in den GBEP ein.
Klarer Zeit- und Handlungsplan
Dabei gibt es im Zuge von „ekhn2030“ eine klare Vorgehensweise. Erster Schritt ist die Dekanatsanalyse, eine rein statistische Erhebung, wie viele Gebäude es in einem Dekanat wo gibt, wie viele Pfarrpersonen und wie die Sozialstruktur vor Ort aussieht. Diese ist für das Dekanat Vorderer Odenwald schon gemacht. Der nächste Schritt sieht vor, Steckbriefe für jedes einzelne Gebäude zu erstellen. Dort werden unter anderem Aspekte der Nachhaltigkeit und Anzahl der Gottesdienste erfasst. Im Januar und Februar 2024 werden dann die Nachbarschaftsräume bereist. Dabei geht es darum, einander und die Gebäude kennenzulernen und Ideen für neue Nutzungen zu sammeln. „Sie im Nachbarschaftsraum werden ja die Gebäude gemeinsam bespielen“, führte die Kirchenarchitektin weiter aus. Es gehe auch darum, prominente Lagen oder Erreichbarkeiten zu analysieren und zu schauen, wie die Situation bei den Kommunen und in der katholischen Kirche aussieht. „Es muss kein Verkauf sein!“
Eine externe Vorbereitungsgruppe wird daraufhin drei Nutzungsvarianten vorschlagen. In den anschließenden Workshops werden Vertreterinnen und Vertreter des Dekanats, der Nachbarschaftsräume und des Baureferats der Kirchenverwaltung sich auf eine Variante festlegen. „Wichtig ist, dass die Nachbarschaftsräume in den Workshops darüber diskutieren, wie die Gebäude genutzt werden sollen“, sagte Suden. Der Zeitplan sieht vor, dass bis Ende 2025 beraten werden kann. Ein Beschluss für das Dekanat Vorderer Odenwald muss bis Ende 2026 gefasst werden.
Wo kommen die vielen Gebäude her?
Nach diesen grundsätzlichen Erläuterungen schilderte Dekan Arno Kreh seine praktischen Erfahrungen im Dekanat Bergstraße. Das Dekanat Bergstraße ist Pilotdekanat im Gebäudeentwicklungsprozess und somit einige Schritte voraus. Die Leitfrage könne sein: Sind wir zufrieden damit, wie die Gemeindehäuser genutzt werden? „Zwischen 1950 und 1980 wurde an jedem zweiten Tag in Westdeutschland ein Gemeindehaus eingeweiht – wir leben jetzt in einer anderen Zeit“, sagte der Bergsträßer Dekan Kreh. Und: Von der Reformation bis 1945 seien so viele Kirchen gebaut worden wie von 1945 bis jetzt. „In mehr als 90 Prozent der Fälle brauchen wir Räume für maximal 30 Personen“, so Kreh. Hinzu komme, dass die Katholische Kirche radikal Gebäude abgebe und auch die Kommunen mit ihren Dorfgemeinschafts- und Bürgerhäusern nach neuen Lösungen suchten. Derlei Informationen sollten in den anstehenden Workshops vorhanden sein. In Lindenfels habe die Evangelische Kirchengemeinde ihr Gemeindehaus aufgegeben und sei bei der Katholischen Gemeinde eingezogen.
Er gab noch weitere Impulse: Was ist mit Wohninitiativen? Ist die Evangelische Jugend in den Prozess eingebunden? Diese bräuchte Räume – idealerweise unrenoviert. Was ist mit Büros für Gemeindepädagog*innen und Kirchenmusiker*innen? Weiterhin empfiehlt er, die Variantenvorstellung zu moderieren, die Erwartungshaltung gegenüber der Bauverwaltung zu klären, denn dieser fehle die Sicht auf den Umgang mit den Gebäuden vor Ort, und Menschen vor Ort erzählen zu lassen, was in den Gebäuden passiert. Hilfreich sei auch, sich von der Zentralen Pfarreivermögensverwaltung (ZPV), eine Art Kompetenzzentrum, beraten zu lassen; sie sei auch zuständig für Photovoltaikanlagen. Bei Gebäuden der Kategorie C gelte, dass sie ab 2027 keine Zuweisung der Landeskirche mehr erhalten, so Kreh. Sie hätten im Dekanat Bergstraße aber top renoviert Gebäude, die noch ohne weiteres 10 bis 15 Jahre funktionierten.
Bei den Gemeindebüros sei es wichtig zu schauen, wer es nutzt und wie. In der Regel seien das Mitarbeitende. Eine Lösung könne sein, dass in allen Gemeindehäusern Kopierer stünden. Sie hätten auch Nachbarschaftsräume mit zwei Gemeindebüro-Standorten, die unterschiedliche Schwerpunkte hätten und gut miteinander vernetzt seien, so Kreh. Aber wenn Gebäude aufgegeben würden, brauche es auch Raum für Trauer und Begleitung. Die Grundfrage aber sei: Was ist unser Auftrag als Evangelische Kirche? Davon ausgehend sei zu fragen, wofür es Gebäude brauche und wofür nicht, so Kreh abschließend.
In Tischrunden erarbeiteten die einzelnen Nachbarschaftsräume Schlaglichter auf den Prozess, moderiert von Yvonne Brockmann vom Institut für Personalentwicklung, Organisationsberatung und Supervision (IPOS).
Mit großer Mehrheit verabschiedete die Dekanatssynode einen Antrag an die Landessynode, in dem es darum geht, den Umgang mit den Gemeindehausflächen gegenüber sakralen Flächen flexibler zu gestalten und den Nachbarschaftsräumen mehr Spielräume einzuräumen.
Klimaschutz und Pfarrstellen
Präses Ulrike Laux berichtete den Synodalen, dass das Dekanat Vorderer Odenwald die Voraussetzungen erfülle, um bei der EKHN und dem Bundeswirtschafts- und Klimaministerium einen Antrag auf Klimaschutzkoordination zu stellen.
„Strukturen haben keinen Selbstzweck, sondern einen dienenden Charakter“, sagte Dekan Joachim Meyer in seinem Bericht mit Blick auf den Prozess ekhn2030. Zur Situation der Pfarrstellen im Dekanat führte er aus, dass aktuell die Kirchengemeinden in Altheim und Harpertshausen, in Langstadt und Schlierbach, eine Stelle in Groß-Zimmern, die halbe Stelle in Groß-Bieberau, ab 1. Dezember die Stelle in Münster unbesetzt seien. In Reichelsheim sei Pfarrerin Erika Häring nach wie vor in Elternzeit und arbeite im Umfang einer viertel Stelle. „Allen Kolleginnen und Kollegen, die in den vakanten Gemeinden vertreten, allen haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen, Prädikant*innen und Lektor*innen, Kirchenvorsteher*innen, die mithelfen, danke ich von Herzen“, sagte der Dekan.
Finanzen
Mit großer Mehrheit stimmte die Synode einem Antrag des Dekanatssynodalvorstands zu, wonach der Zuschuss aus dem Finanzausgleich für Fortbildungen und Rüstzeiten von derzeit fünf Euro pro Teilnehmer*in und Tag (maximal 20 Euro) ab 1. Januar 2024 auf sechs Euro pro Teilnehmer*in und Tag (maximal 24 Euro) erhöht wird. Weiterhin informierte Peter Stoffel, im DSV für die Finanzen zuständig, darüber, dass der Härtefonds über rund 22.000 Euro an Rücklagen verfüge. Den Härtefonds gibt es seit 2004. Er speist sich aus einer Kollekte pro Kirchengemeinde und Jahr, Spenden und Zinsen und dient dazu, in Notsituationen schnell und unbürokratisch zu helfen. So wurden zum Beispiel 5000 Euro an Corona-Hilfen für die Partnergemeinden in Südafrika bereitgestellt, mit 3050 Euro wurde eine Familie, deren Haus abgebrannt ist, und mit 1000 Euro die streikenden Lkw-Fahrer an der Raststätte Gräfenhausen unterstützt.
Jubiläen
Die Andacht zu Beginn der Synode wurde von den Pfarrerinnen Dorothee Benner (Dieburg) und Michaela Meingast (Klein-Umstadt mit Dorndiel und Raibach) gestaltet und musikalisch begleitet von Dekanatskantor Ulrich Kuhn. Propst Stephan Arras sagte in seinem Grußwort, dass es bei allen Veränderungen und schlechten Nachrichten die Stimme des Glaubens auch in unserer Zeit brauche. Gott habe uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit. Dieburgs Bürgermeister Frank Haus konnte nicht da sein, er ließ ein schriftliches Grußwort übermitteln.
Dekanatskantor Ulrich Kuhn, Altenheimseelsorgerin Inge Süßmann und Prädikantin Doris Kissel wurden von Dekan Joachim Meyer und der stellvertretenden Dekanin Evelyn Bachler geehrt. Ulrich Kuhn feiert sein 20. Dienstjubiläum. Er ist seit 1. Februar 2003 als Kirchenmusiker in Groß-Zimmern. Gemeindepädagogin Inge Süßmann ist seit 30 Jahren im Dienst und arbeitet als Seelsorgerin im Altenheim Priska in Dieburg. Doris Kissel ist die Liebe zum Wort Gottes ein Herzensanliegen: Die Groß-Umstädterin ist seit 25 Jahren Prädikantin, also in der ehrenamtlichen Verkündigung tätig, und außerdem in der Notfallseelsorge.
Die Synode ist das regionale Kirchenparlament des Evangelischen Dekanats Vorderer Odenwald. Es besteht aus 76 Personen und vertritt 40 Kirchengemeinden mit rund 50.000 Mitgliedern zwischen Babenhausen und Reichelsheim.
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