Alte Diskussion ohne neue Argumente
Muss der „Mohr von Biedenkopf“ weg?
Eckhard Henkel
Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0 DE
28.05.2019
bs
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Seit über 300 Jahren gibt es den Grenzgang. Alle sieben Jahre findet das Spektakel im August statt und zieht zehntausende Menschen an. Drei Tage lang laufen sie die Stadtgrenze ab – allen voran der „Mohr von Biedenkopf“. Mit Säbel und Uniform tanzend wird er dabei begleitet von zwei „Wettläufern“ mit Peitschen. Viele Menschen versuchen, den Mohr dabei zu berühren, weil seine angemalte Haut abfärbt – und das soll Glück bringen.
Die Diskussion, ob dieser alte Brauch als rassistisch einzustufen sei, ist nicht neu, so Ernst-Detlef Flos, Pfarrer in Biedenkopf. „Die wesentlichen Argumente dazu werden alle sieben Jahre ausgetauscht. Geändert hat sich aber nichts“, so Flos zur Multimediaredaktion. Auch in diesem Jahr habe es keine substantiell neue Kritik gegeben. Zuvor hatte hessenschau.de von einer wachsenden Kritik am „Mohr von Biedenkopf“ berichtet.
Integrationsbeauftragter: „Das ist Rassismus“
Eine entschiedene Meinung zu dem Brauch hat der Marburger Integrationsbeauftragte Shérif Korodowou. Er sagte gegenüber hessenschau.de: „Es ist hart gesagt rassistisch“. Der Grund sei, dass immer noch viele Menschen Negatives mit schwarzer Haut verbinden würden. So zum Beispiel die sogenannte Angst vorm schwarzen Mann, Unreinheit oder Gefahr. Es sei schwer zu glauben, dass an einem „Mohr“ auf einem Volksfest etwas Positives zu finden sei, so Korodowou weiter.
„Das Fest verbindet Menschen unabhängig von Hautfarbe und Herkunft“
Anders sieht das Uwe Funk, erster Vorsitzender des Grenzgangvereins. Er sagte zur Multimediaredaktion: „Ich bin regelrecht geschockt, dass der Mohr als etwas Negatives aufgefasst wird. Er ist der höchste Repräsentant des Festes. Ohne ihn ist das undenkbar.“ Rassistisch sei das Ganze nicht – vielmehr habe es etwas Verbindendes, wenn zehntausende Menschen aller Nationalitäten, Hautfarben und Religionen das ausgelassene Volksfest feierten.
„Bei unseren Fahnenträgern sind sogar drei Eriträer dabei, die würden das bestimmt nicht machen, wenn es ihnen rassistisch vorkäme“, so Funk. Zudem würde das Traditionsfest von Vertretern nahezu aller politischen Parteien unterstützt und Menschen aus dem Kirchenvorstand seien aktiv im Grenzgangverein aktiv.
Der Mohr wird in Biedenkopf durchaus reflektiert wahrgenommen
Der Biedenkopfer Pfarrer Flos bestätigt das verbindende Element des Grenzgangs gegenüber der Multimediaredaktion: „In Gesprächen habe ich herausgefunden, dass das Fest für viele Menschen hier in der Region eine hohe emotionale Bedeutung hat. Vor allem ist damit auch Hoffnung verbunden: Denn bei dem alle sieben Jahre stattfindenden Fest gehen einige Menschen aufeinander zu, die sich sonst möglicherweise aus dem Weg gehen.“ Außerdem habe er nicht den Eindruck, dass die Mohr-Figur in Biedenkopf unreflektiert wahrgenommen würde, so Flos.
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