ekhn2030
Stellvertretende Kirchenpräsidentin zur Kirche der Zukunft
27.11.2023 sru Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Es gebe nicht die eine Lösung, sagte Ulrike Scherf. Darum versuche sie, sich über fünf Punkte – aktuelle Situation, ekhn2030 und Hoffnungszeichen, Blick von außen, Neues wagen auf festem Grund und einem Abschluss – dem Thema zu nähern. „Die Volkskirche wird es in dieser Form nicht mehr geben“, beschrieb sie aktuelle Situation, aber sie könne „Kirche im Volk“ sein. Menschen zu gewinnen werde immer schwieriger, die Kirche befinde sich laut dem Religionssoziologen Detlef Pollack an einem „Kipp-Punkt“. Ein wichtiger Schritt in die Zukunft sei, zu entscheiden, „was wir nicht mehr wollen und nicht mehr können“, dazu gehöre auch der Abschied von einer gewohnten gesellschaftlichen Relevanz, von Gebäuden und Vertrautem. Wichtig sei, diesen Abschied würdig zu begehen. Die Kirchenmitgliedszahlen sänken weiter, Religiosität und Konfessionalität nähmen ab, das habe die gerade erschienene, sechste Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung (KMU) bestätigt. Ulrike Scherf wertete es auch als eine gewisse Entlastung, dass es nicht nur am Bemühen der Kirche liege, sondern eben auch an gesellschaftlichen Veränderungen.
ekhn2030 ist auch ein Entwicklungsprozess
„ekhn2030“ sei nicht nur ein Einspar-, sondern auch ein Kirchenentwicklungsprozess und bringe als solcher auch Hoffnungszeichen mit sich. Die Kirche der Zukunft werde „regio-lokal und vernetzt“ sein, so Ulrike Scherf. Das Evangelische Dekanat Vorderer Odenwald habe schon einen langen gemeinsamen Weg hinter sich, vor allem im Gemeindepädagogischen Dienst. Sich geistlich auf das zu besinnen, was uns trage, gebe Kraft. Hilfreich könnten auch die Angebote der Ehrenamtsakademie und vom Zentrum Verkündigung sein. Die jungen Pfarrerinnen und Pfarrer freuten sich darauf, in Teams und begabungsorientiert zu arbeiten. „Die Kirche der Zukunft wird exemplarischer sein, nicht alle werden alles machen“, sagte die stellvertretende Kirchenpräsidentin. Als hoffnungsvoll wertete sie zudem Segensaktionen auf der Straße, Tauffeste an ungewöhnlichen Orten, Ausgetretene, die bei solchen Aktionen ihr Kind taufen ließen, Pfarrpersonen, die mit einem Coffee-Bike bei den Menschen seien. „Kirche ist ja mehr als Sonntagsgottesdienst und Bibelkreis.“ Für ungewöhnliche Projekte gebe es den Innovationsfonds „Neues ermöglichen“ der EKHN, warb Ulrike Scherf.
Kirche ist relevant für das demokratische Miteinander
Wie ist der Blick von außen auf Kirche? Bei der zentralen Feier zum Reformationstag in Wiesbaden habe die Friedens- und Konfliktforscherin Nicole Deitelhoff den Festvortrag gehalten. Mit dem Tenor, dass die Kirche als einzige gesellschaftliche Institution Räume öffne, in denen unterschiedliche Gruppen unterschiedliche Meinungen äußern könnten und Ambivalenzen ausgehalten würden, sagte Scherf. Für den Soziologen Hartmut Rosa sei die Kirche relevant für ein demokratisches Miteinander – mit ihren Ritualen und Erzählungen habe sie eine große integrative Kraft für den Zusammenhalt. Aber: Die Kirche könnte in ihrer Kommunikation besser werden, räumte Ulrike Scherf ein.
Ganz gleich, welche Gestalt die Kirche habe, die Grundlage des Glaubens bleibe bestehen. Welche Fähigkeiten die Menschen auch immer mitbrächten – „das Gelingen schenkt Gott“. Die KMU habe auch gezeigt, dass diakonische Angebote und gesellschaftspolitische Statements wichtig seien und es gerade in Ostdeutschland, wo die kirchliche Bindung insgesamt gering sei, einen hohen Anteil an Hochverbundenen gebe. Sie wünsche sich, dass sie sich auf das Wesentliche konzentrierten, schließlich sei es eine „Kirche, die das Leben feiert und die Menschen liebt“, sagte die stellvertretende Kirchenpräsidentin.
Ländlicher Raum mit Innovationspotenzial
Wie wird die Kirche als Gemeinde mit den neuen Formen koordiniert? Geraten die ländlichen Gemeinden ins Abseits? Wie können die älteren Gemeindeglieder, für die Kirche vor allem Kirche im Ort ist, in dem Prozess mitgenommen werden? Was kann bei all dem Neuen, das entwickelt werde, gelassen werden? Alles Fragen, die sich im anschließenden Austausch mit den Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden der Kirchenvorstände stellten.
Die Nachbarschaftsräume und das Dekanat koordinierten, sagte Ulrike Scherf. Was gelassen werden könne – und auch wehtue –, müsse vor Ort entschieden werden. „Das Heil der Kirche liegt nicht in neuen Ideen, aber sie geben Kraft“, sagte Scherf, und nannte als Beispiel die Tauffeste, aber ebenso habe das liebevolle Hinhören bei jemandem in Not eine hohe Bedeutung. Gerade im ländlichen Raum nähmen innovative Entwicklungen oft ihren Anfang. Im Zuge des Innovationsfonds gebe es auch eine Koordinatorenstelle, bei der gute Ideen gesammelt und weitergegeben würden.
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