Ausbau der A49
Dannenröder Forst: Großdemo am Sonntag (Mit Video)
EKHN/Luft
03.10.2020
red
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Die Polizei hat in der zurückliegenden Woche damit begonnen, Waldstücke in Mittelhessen zu räumen, in denen Umweltaktivisten gegen den Ausbau der A49 protestieren. Ziel war ab Donenrstag zunächst der Herrenwald bei Stadtallendorf. Auch im nahegelegenen Dannernröder Forst bei Homberg/Ohm sind Räumungsarbeiten in Vorbereitung. Vor allem hier protestieren seit Monaten Ausbaugegener gegen die Rodung von 27 Hektar Wald. Sie errichteten Baumhäuser und Barrikaden. Das Dekanat Vogelsberg hatte sich im Dannenröder Forst zuletzt für eine friedliche Lösung des Konflikts eingesetzt. Für das Wochenende hat unter anderem die Fridays-For-Future-Bewegung vor Ort zum Protest aufgerufen. Sonntag wird in Oberhessen eine Großdemonstration erwartet.
Bäume im Dannenröder Forst sollen fallen
Nach jahrelangen Planungen dürfen seit 1. Oktober die Bäume im Dannenröder Forst für den Bau der A49 gerodet werden. Gießen und Kassel sollen durch die neue Autobahn besser verbunden werden. Jahrzehntelang hatten das die geplagten Anwohner der Durchgangsstraßen gefordert. Bisher flutete der Verkehr über Bundes- und Landstraßen zwischen beiden Städten.
Prominenter Protest gegen die A49
Doch seit einem Jahr gibt es massive Proteste von Umweltschützern gegen den Autobahnbau. Sie sehen nicht nur die Natur in Oberhessen in Gefahr, sondern treten für eine grundsätzliche Wende in der Verkehrspolitik ein. In den vergangenen Monaten entstanden im Dannenröder Forst Baumhäuser. Rund 150 Aktivisten sind es inzwischen. Zuletzt kamen prominente Gäste wie die bekannte Sea-Watch Kapitänin Carola Rackete dazu. Der Komiker Luke Mockridge statte dem Camp im Wald einen Besuch ab. Auch die Fridays-For-Future Aktivistin Luisa Neubauer, Deutschlands „Greta“, wird am Sonntag erwartet. Sie rief zu einer bundesweiten Demonstration vor Ort auf.
Furcht vor dem brennenden Vogelsberg
Viele Umweltaktivisten, die sich zuvor beim Kampf um den Hambacher Forst bei Aachen gegen den Braunkohle-Abbau engagierten, haben sich in den vergangenen Wochen auf den Weg nach Oberhessen in den Dannenröder Wald gemacht. In sozialen Netzwerken wird der „Hambi" deshalb auch schon mit dem „Danni" verglichen. Alles deutet darauf hin: Es stehen konfliktreiche Tage bevor. Beobachter fürchten jetzt: „Der Vogelsberg könnte brennen.“
Deeskalierende Haltung des Dekanats
Das Evangelische Dekanat Vogelsberg hatte das geahnt. Bereits im Juli hatte es sich damit beschäftigt, was aus kirchlicher Sicht möglich ist, um eine Eskalation der Auseinandersetzung zu vermeiden. Es entschied sich, den friedlichen Umgang aller beteiligten Parteien miteinander zu unterstützen. Dafür bietet das Dekanat unter Federführung von Ralf Müller, dem Referenten für Bildung und Ökumene, seit einigen Wochen Friedensandachten an und stellt Ruheräume sowohl für die Demonstranten als auch für die Polizei zu Verfügung. Hier gibt es Möglichkeiten für Gespräche und Seelsorge. Gleichzeitig entsendet das Dekanat Beobachter in den Wald, die sich ein Bild von der Lage und den Aktivitäten aller Beteiligten im Verlauf des Geschehens machen sollen. Könnte es gelingen, diesen tiefgreifenden Konflikt friedlich auszufechten, könnte vom Engagement der Kirche tatsächlich ein Signal an die ganze Gesellschaft ausgehen.
Gewalt in Oberhessen wird von vielen befürchtet
Einfach ist diese Aufgabe aber nicht. Die jüngste Geschichte hat immer wieder gezeigt: In politischen Auseinandersetzungen lassen sich nicht alle Verhärtungen vermeiden. Es ist aber ein guter Grundsatz so zu streiten, dass die Würde der Person geachtet und Lernprozesse gegenseitig zugebilligt werden. Dass das diesmal nicht gelingt, davor haben viele Angst: Dass einerseits Baumhaus-Bewohner verletzt und andererseits Polizisten bei der Räumung mit Gewalt überzogen werden. Es bleibt die Hoffnung, dass sich trotz gegenläufiger Positionen alle für den Schutz der Persönlichkeitsrechte ihres jeweiligen Gegenübers einsetzen und einer Eskalationsspirale entgegenwirken. So zumindest lautet der Appell der um Schlichtung bemühten evangelischen Kirche.
Überdenken der Planungen zum Autobahnbau angemahnt
Und wie positioniert sich die evangelische Kirche bei all diesen Gegensätzen selbst? Das Dekanat Vogelsberg hat 2020 bewusst auf ein Votum pro oder contra Weiterbau der A49 verzichtet. In seiner Stellungnahme fordert das Dekanat allerdings, dass die alte Entscheidung um den Weiterbau der A49 unter Berücksichtigung einer der zentralen Herausforderungen der Gegenwart - nämlich dem Klimawandel – neu überdacht wird. Im alten Planfeststellungsverfahren spielte das kaum eine Rolle. Ob das jetzt noch eine Chance hat, ist nicht nur für das Dekanat die große Frage.
Zum Positionspapier des Dekanats Vogelsberg:
https://vogelsberg-evangelisch.de/fileadmin/content/dekanat-vogelsberg/Bilder/2020/pdf/FGBdS_Verlautbarung_A49.pdf
Mit Befürwortern und Gegnern der Rodung des Waldes haben Reporter des evangelischen publizistischen Portals Indeon gesprochen - zu sehen hier auch im Video
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