Dekanat Vorderer Odenwald

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    Früherer Herborner Professor gestorben

    Zum Tod von Wolfgang Kratz: Mit der Sprache bei den Menschen

    © privatPortraitfoto schwarz-weißWolfgang Kratz ✝

    Er gehörte zu den prägenden Gestalten der Pfarr-Ausbildung: Wolfgang Kratz. Nun ist der langjährige Professor für Homiletik und Liturgik am Theologischen Seminar in Herborn im Alter von 90 Jahren gestorben. Mit Nachruf von Ulrike Scherf.

    Der langjährige Professor für Homiletik und Liturgik am Theologischen Seminar in Herborn, Dr. Wolfgang Kratz, ist tot. Er starb am 4. November im Alter von 90 Jahren, wie die Pressestelle der hessen-nassauischen Kirche am Dienstag (15. November) bekannt gab.

    Kirche, die sich gesellschaftlich positioniert

    Für seinen „engagierten Dienst“ unter anderem in der Studierendengemeinde Frankfurt und in der Kirchenverwaltung sowie seine „Hingabe in der Ausbildung von Pfarrerinnen und Pfarrern“ würdigte ihn die Stellvertretende Kirchenpräsidentin der hessen-nassauischen Kirche, Ulrike Scherf. Sie bezeichnete ihn zudem als Theologen, der für eine Kirche eingetreten sei, die sich „gesellschaftlich positioniert und mit ihrer Sprache nah bei den Menschen sein will“. Scherf: „Mit seinem Wirken hat er eine ganze Generation von Theologinnen und Theologen geprägt. Dafür dankt die evangelische Kirche sehr.“

    Oberkirchenrat für Personalförderung in Darmstadt 

    Nach dem Abschluss der theologischen Ausbildung arbeitete Kratz ab 1958 in Frankfurt am Main. Zunächst war er Pfarrer in der Bethlehemgemeinde und dann von 1959 bis 1966 Studierendenpfarrer in Frankfurt. Anschließend arbeitete er in der Andreasgemeinde in Frankfurt-Eschersheim bevor er ab 1969 als Ausbildungsreferent und Oberkirchenrat mit der Leitung des Referates „Personalförderung“ (heute Personalförderung und Hochschulwesen) betraut wurde. 1981 wurde Kratz dann Professor am Theologischen Seminar Herborn für Homiletik und Liturgik, wo er bis zu seinem Ruhestand 1995 blieb.

    Trauerfeier Prof. Dr. Wolfgang Kratz am 18.11.2022 10.30 auf dem Friedhof in Roßdorf – Nachruf von Ulrike Scherf, Stellvertretende Kirchenpräsidentin

    Sehr geehrte Frau Kratz, liebe Familie, liebe Trauergemeinde,

    mit Dank können wir heute auf das Leben von Pfarrer Dr. Wolfgang Kratz zurückblicken. Auf 90 gefüllte und segensreiche Lebensjahre, in denen er vielen Menschen Wichtiges mit auf den Weg geben konnte. 1932 geboren, war dies alles andere als selbstverständlich.

    Geprägt von den Fragen, die seine Generation aus der Kriegs- und Nachkriegszeit mitbrachte, suchte Wolfgang Kratz schon früh danach, wie das zu verstehen ist, was oft nur schwer verständlich bleibt.

     „Suchet, so werdet ihr finden…“ dieses Versprechen aus der Bergpredigt (Mt 7, 7) mag ihn auf seinem Weg geleitet haben. Denn eines war Wolfgang Kratz wohl immer: Unterwegs. In Bewegung. Auf der Suche. Bereit, dem Neuen die Türe zu öffnen, sich selbst Veränderungen zu stellen. Und zugleich klar und treu in seinen theologischen Erkenntnissen und Überzeugungen.

    Nach seinem Studium in Marburg, Göttingen, Montpellier, Heidelberg und Bonn begann er 1958 seinen Pfarrdienst in der EKHN: zunächst in Frankfurt Ginnheim, dann in der Frankfurter Studierendengemeinde, später in der Eschersheimer Andreasgemeinde. Mitten in der Zeit der „heißen“ Studentenproteste wurde er 1969 als Oberkirchenrat zum theologischen Referenten (zum Ausbildungsreferenten) berufen. Später übernahm er die Leitung des Referates „Personalförderung“. Sein Engagement beschränkte sich nicht auf die Verwaltung. Er war im Rundfunkausschuss und bemühte sich um „mediengerechte Verkündigung“. Er hatte einen nebenamtlichen Auftrag als Krankenhausseelsorger am Darmstädter Elisabethenstift, einen Lehrauftrag für Kirchenkunde an der Johann-Wolfgang Goethe Universität in Frankfurt und war Mitglied im Kuratorium des Theologischen Konviktes.

    „Suchet so werdet ihr finden…“ Sein Interesse am theologischen Nachwuchs, an seinen Fragen, seinem Ungestüm, manchmal auch seinem Protest scheint ihn nicht losgelassen zu haben. So begründet er seine Bewerbung auf die Professur für Homiletik und Liturgik am Theologischen Seminar in Herborn mit den Worten: Nun „möchte ich in noch engeren Kontakt mit den von der theologischen Ausbildung betroffenen arbeiten“. Der Theologische Nachwuchs war – trotz aller Protesthaltung gegenüber der „Obrigkeit“ - von dieser Stellenbesetzung begeistert. Ein damaliger Student erinnert sich: „Er war einer der wenigen kirchenleitenden Personen, dem wir mit aufrichtigem Respekt begegneten“. So ging Wolfgang Kratz seiner Begeisterung und Neugierde an dem, was nachwächst, fragt und sucht, von 1981-1995 als Professor für Homiletik und Liturgik am Theologischen Seminar in Herborn nach, zeitweise als dessen Direktor.

    Unzählige Pfarrerinnen und Pfarrer verdanken ihm ihre gottesdienstliche Schulung - auch aus dem aktuellen Professorenteam in Herborn, die voller Hochachtung davon erzählen. Seinen eigenen Beiträgen war die Prägung durch Karl Barth und die reformierte Theologie immer abzuspüren. Aber er hat dann die ästhetische Wende in der Praktischen Theologie in Herborn vertreten und die Hör-Kunst hochgehalten. Die Predigt entsteht im Ohr derer, die zuhören. Und im Auge des Betrachters: großartig war sein Beitrag bei der Veröffentlichung der Predigtbilder über etliche Jahre. Als einer der ersten holte er die performativen Künste ans Theologische Seminar und machte so „Liturgische Präsenz“ zu einem Muss in der Ausbildung. Wolfgang Kratz war hoch gebildet und hat Menschen im guten Sinne aus-gebildet, ihre Stärken gefördert und sie herausgefordert. Geistliches und politisches Engagement gingen bei ihm Hand in Hand.

    Sie, liebe Familie, haben ihn in seinem Dienst unterstützt und begleitet. Dafür gilt besonders Ihnen, liebe Frau Kratz, der besondere und herzliche Dank unserer Kirche.

    2018 feierte Wolfgang Kratz sein 60. Ordinationsjubiläum. Sein Dank für die Glückwünsche des Kirchenpräsidenten enthält die Worte: „Ihr Wunsch auf Freude in den Erinnerungen geht in Erfüllung!“ Er zieht eine dankbare Bilanz seines Lebens und seines Wirkens als Pfarrer. Vielleicht schwingt darin neben dem Suchen auch ein Finden mit, neben dem Bitten auch das Empfangen und Ankommen. „Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan.“ (Mt 7, 7)

    Viele Spuren hat Pfarrer Dr. Wolfgang Kratz in unserer Kirche hinterlassen. Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau verliert mit ihm einen profilierten und prägenden Pfarrer, Lehrer und Theologen. Sie verdankt seinem Einsatz viel.

    Liebe Frau Kratz, liebe Familie, liebe Trauergemeinde,
    im Namen der Kirchenleitung und im Namen des Theologischen Seminars in Herborn spreche ich Ihnen unsere herzliche Anteilnahme am Tod Ihres Mannes, Vaters, Groß- und Schwiegervaters, Ihres Verwandten und Freundes aus. Ihnen gilt unser aufrichtiges Mitgefühl. Unsere Fürbitte wird Sie und den Verstorbenen begleiten. Wir danken Gott für alles, was er durch Pfarrer Dr. Wolfgang Kratz anderen Menschen an Kraft, Trost und Glauben hat zuwachsen lassen. Wir werden ihn in dankbarer Erinnerung behalten.

     Verbunden sind wir im gemeinsamen Glauben an den einen Herrn, in dessen Hand wir unseren Verstorbenen wie uns selbst wissen dürfen. Möge Wolfgang Kratz nun finden, was er gesucht hat. Möge er den Frieden Gottes schauen und hören und erfahren. (Amen)

     

     

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