Dekanat Vorderer Odenwald

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    Höhere Lebenserwartung

    Diskussion um Lebensqualität im Alter

    H. Petri

    Eine statistisch höhere Lebenserwartung, unter anderem bedingt durch verbesserte medizinische Versorgung, rückt neue Fragen in den Mittelpunkt. Zum Beispiel die Frage nach der Lebensqualität im Alter oder der Sterbehilfe. In Jugenheim diskutierten Oberkirchenrätin Dr. Melanie Beiner, Dr. med. Norbert Pfeiffer und Wilhelm Schild von der Deutschen Rentenversicherung.

    H. Petri

     „Tut es den Menschen überhaupt gut, immer älter zu werden? Und ist eine Verlängerung des Lebens um jeden Preis ein Eingriff in die Schöpfung?“ Diesen und weiteren Fragen des Moderators Uli Röhms widmeten sich Dr. Melanie Beiner, Oberkirchenrätin der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), der Mainzer Universitätsprofessor Dr. med. Norbert Pfeiffer und Wilhelm Schild von der Deutschen Rentenversicherung.

    Einige Menschen erreichen ein deutlich höheres Lebensalter als der Durchschnitt - eine Herausforderung für die medizinische Forschung. Diese sei nicht nur interessiert an der Frage, warum einige älter werden, so Professor Pfeiffer. Die Wissenschaftler möchten auch herausfinden, wer diese Menschen sind, die auf eine lange Lebenszeit zurückblicken können. „Ganz wichtig scheinen soziale Kontakte zu sein“, beschrieb der Mediziner die Forschungsresultate. Zudem habe man festgestellt, dass Menschen eine Aufgabe benötigen, um ein qualitativ gutes erfülltes Leben zu haben. 

    Lebensqualität im Alter

    Eine hohe Lebensqualität im Alter sei oft verbunden mit der Fürsorge durch soziale Kontakte, angefangen bei ganz pragmatischer Nachbarschaftshilfe, ergänzte Dr. Melanie Beiner. Die Pfarrerin unterstrich dabei die Wichtigkeit sorgender Gemeinschaften: Netzwerke, die ältere Menschen unterstützen und deren Selbstständigkeit dadurch weitgehend bewahren. Dabei hinterfragte die Oberkirchenrätin das aktuelle Altersbild unserer Gesellschaft: Die heutige Anti-Aging-Medizin propagiere eine faltenlose Schönheit, die Altern scheinbar verhindere. Beiner mahnte an, dass das Gesellschaftsbild des stets jung wirkenden älteren Menschen nicht dazu führen dürfe, „dass bestimmte Altersbilder nicht mehr en vogue sind und man nicht mehr alt werden darf.“ Sie räumte ein, dass dies von kirchlicher Seite diskutiert werden sollte.

    Ein Akt der Nächstenliebe und kein Eingriff in die Schöpfung, so Professor Pfeiffer, sei für ihn etwa die Organspende. Kritisch dagegen sah der Arzt die Präimplantationsdiagnostik, wenn befruchtete Eizellen aussortiert werden. Unsterblichkeit oder die Verlängerung des Lebens um jeden Preis spiele in der Forschung jedoch keine Rolle, versicherte der Vorstandsvorsitzende der Unimedizin Mainz. Heute werde mehr darauf geschaut, wie sich Behandlungen auf die Lebensqualität der Patienten auswirken.

    Sterbehilfe im Diskurs

    „Ich möchte sterben! – Darf ich in den Augen der Mediziner überhaupt diesen Wunsch äußern?“, richtete Moderator Uli Röhm seine Frage an Professor Pfeiffer. Natürlich habe der Mensch ein Recht auf den Tod. Allerdings habe er kein Recht, dass ihm „ein Mediziner diesen Tod bringt“, stellte der medizinische Vorstand der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberguniversität Mainz klar. Dabei wies er auf den Hippokratischen Eid hin, deren Elemente heute noch Bestandteile der ärztlichen Ethik sind. Sehr kranke Menschen bekämen allerdings mitunter starke schmerzlindernde Medikamente, die lebensverkürzend wirken. Der Mediziner erläuterte weiter, dass die Patientenverfügung bindend sei für den Arzt. Dieser dürfe keine lebensverlängernden Maßnahmen durchführen, wenn dies vom Patienten nicht gewünscht sei. Er berichtete, dass sich Menschen, die krank oder vom Tod bedroht seien, oft den Beistand eines Seelsorgers wünschen. Insgesamt habe sich die Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Seelsorgern stark verbessert. So seien Seelsorger inzwischen Mitglieder der Ethikkommissionen, die beispielsweise bei Organspenden hinzugezogen werden.

    Die Leiterin des Dezernats kirchliche Dienste, Beiner, sprach davon, dass sich auch die Kirchen mit Sterbehilfe auseinandersetzen. Der ehemalige Ratsvorsitzende der EKD Nikolaus Schneider habe das Thema öffentlich diskutiert, auch mit dem Fokus: „Ist es besser beim Sterben zu helfen oder sind wir als Christen nicht dazu verpflichtet, das Leben der Menschen auch in der Sterbephase so zu begleiten, dass sie in Ruhe und Würde sterben können?“ Auch in der Bibel werden Beschwerlichkeiten und Mühen im Alter nicht verheimlicht. Allerdings werde das Alter in den Schriften hochgeschätzt und als Zeichen göttlichen Segens gesehen, merkte die Pfarrerin an. 

    Ist ein hohes Alter noch finanzierbar?

    „Die Zahl der Rentner nimmt stetig zu. Haben Versicherungen überhaupt ein Interesse daran, dass Menschen immer älter werden, schließlich müssen sie dies finanzieren?“ Diese provokante Frage des Moderators konterte Wilhelm Schild von der Deutschen Rentenversicherung: „Wir versorgen die Menschen mit dem Geld, das da ist. Wenn die Rücklagen der Versicherung nicht mehr ausreichen, melden wir es an den Gesetzgeber. Der kann den Beitragssatz entsprechend ändern.“ Schild führte aus, dass die Lebenserwartung im Vergleich zu früher gestiegen sei und heute für Frauen bei 82 Jahren, für Männer bei 78 Jahren liege. Diese Unterschiede der Geschlechter würden allerdings zunehmend geringer, sofern sich deren Lebensbedingungen angleichen. Besonders wies er jedoch auf die soziale Errungenschaft der Rentenversicherung hin: „Sie ist dazu da, älteren Menschen das Leben zu erleichtern und es sorgenfreier zu machen.“

    Auch in der Medizin spiele Geld eine bedeutende Rolle, sagte Professor Pfeiffer. Schließlich seien Behandlungen und Medizin oft sehr teuer. Und natürlich müsse auch eine Klinik so gut wie möglich ökonomisch handeln. Doch: „Ob jemand stirbt oder nicht – dabei spielt Geld in Deutschland keine Rolle!“  

    Von Karin Weber

     

    Hintergrund Lebenserwartung

    Nach den Ergebnissen der Sterbetafel 2015/2017 beträgt in Deutschland die derzeitige Lebenserwartung neugeborener Jungen 78,4 und die der Mädchen 83,2 Jahre.

    Die Lebenserwartung ist in den letzten Jahrzehnten stetig gestiegen und wird laut Prognose auch in den nächsten Jahren weiter steigen. Die Zahl der Menschen im Alter ab 67 Jahren stieg bereits zwischen 1990 und 2018 um 54 % von 10,4 Millionen auf 15,9 Millionen. Sie wird bis 2039 um weitere 5 bis 6 Millionen auf mindestens 21 Millionen wachsen und anschließend bis 2060 relativ stabil bleiben. 

    Jeder zehnte Einwohner wird in dreißig Jahren mindestens 80 Jahre alt sein.

    Quelle: Statistisches Bundesamt

     

     

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