Denkanstoß
Im göttlichen Garten
Dekanat Vorderer Odenwald07.04.2020 sru Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Von allen Ostergeschichten ist mir die mit Jesus als Gärtner die liebste. Diese sehr lesenswerte Auferstehungsgeschichte von großer Nähe bei physischer Distanz finden Sie im 20. Kapitel des Johannesevangeliums, Verse 11-20: Maria aus Magdala steht weinend am Grab, sie erkennt nicht, wer hinter ihr steht und verwechselt den auferstandenen Jesus mit dem Gärtner. Und der? Schmutzige Hände, abgewetzte Kleider – so stelle ich mir vor – kennt jedes Pflänzchen und Tierchen und kann sie alle liebevoll beim Namen nennen: Hier die gehörnte Mauerbiene, da die Schlupfwespe und dort der blaue Natternkopf.
Wie im Paradies wandelt der auferstandene Jesus im Garten und freut sich am Leben und an allem, was da kreucht und fleucht. Aber anders als im Paradies, ist er um eine Erfahrung reicher: Er kennt den Tod. Nun – reicher? Auf diese Erfahrung würde ich gerne verzichten, werden wahrscheinlich viele sagen. Jesus hat das auch gesagt: Lass diesen Kelch an mir vorüber gehen. Er konnte dem Tod, dem Schmerz und den Tränen nicht entgehen. Keiner kann das. Vielleicht wird es uns gerade jetzt besonders bewusst, dass wir sterblich und zerbrechlich sind, und nichts ist garantiert.
Wir sind wie Maria, gleichzeitig am Grab und im Garten. Alles um uns herum summt und brummt und sprießt und blüht: Veilchen, Vergissmeinnicht und Silberblatt. Als Gärtnerinnen können wir sie alle liebevoll beim Namen nennen und darauf vertrauen, dass auch unser Name beim göttlichen Gärtner bekannt ist. „Maria“, ruft Jesus. Und dadurch erkennt sie ihn und ist im Kontakt getröstet und gestärkt. Im göttlichen Garten können wir beides sein: Zerbrechlich und sterblich und gleichzeitig liebevoll im Kontakt mit dem Leben, miteinander und mit Gott.
Eine gesegnete Osterzeit wünscht
Margit Binz
Pfarrerin für Ökumene und interreligiösen Dialog
E-Mail: margit.binz@ekhn.de
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