Nichts ist gut in Afghanistan

veröffentlicht 25.08.2021, Dekanat Vorderer Odenwald

Ihre Predigt hatte viel Staub aufgewirbelt. Ihre Aussagen wurden als gutmenschlich, moralprotestantisch und absolut naiv kritisiert. Heute, elf Jahre später, liest sich die Predigt der damaligen EKD-Ratsvorsitzenden Margot Käßmann wie ein aktueller Kommentar zur Lage in Afghanistan. Wir dokumentieren die Passage aus dem Neujahrsgottesdienst in der Dresdner Frauenkirche vom 1. Januar 2010.

„Nichts ist gut in Afghanistan. All diese Strategien, sie haben uns lange darüber hinweggetäuscht, dass Soldaten nun einmal Waffen benutzen und eben auch Zivilisten getötet werden. Wir brauchen Menschen, die nicht erschrecken vor der Logik des Krieges, sondern ein klares Friedenszeugnis in der Welt abgeben, gegen Gewalt und Krieg aufbegehren und sagen: Die Hoffnung auf Gottes Zukunft gibt mir schon hier und jetzt den Mut von Alternativen zu reden und mich dafür einzusetzen. Manche finden das naiv. Ein Bundeswehroffizier schrieb mir, etwas zynisch, ich meinte wohl, ich könnte mit weiblichem Charme Taliban vom Frieden überzeugen. Ich bin nicht naiv. Aber Waffen schaffen offensichtlich auch keinen Frieden in Afghanistan. Wir brauchen mehr Fantasie für den Frieden, für ganz andere Formen, Konflikte zu bewältigen. Das kann manchmal mehr bewirken als alles abgeklärte Einstimmen in den vermeintlich so pragmatischen Ruf zu den Waffen.“
Margot Käßmann, 1. Januar 2010 in der Dresdner Frauenkirche