Bunte Lichter zucken durch die Kirche, über der Bühne glitzert eine Disko-Kugel. Die Bänke stehen nicht in Richtung Altar, sondern zur Seite hin, wo auch die Bühne ist. Große Traversen, so nennen sich die Träger in der Veranstaltungstechnik, mit vielen Scheinwerfern sind zwischen den Säulen im Kirchenraum aufgebaut, ebenso die Kameras für die beiden großen Leinwände. Die Scheinwerfer sorgen für beeindruckende Lichteffekte und lassen Sterne an der Kirchendecke tanzen. Auf der Orgelempore regiert das Technik-Team, hat alles im Blick und sorgt für einen reibungslosen Ablauf.
Zum mittlerweile 15. Mal – davon zeugen die goldenen Luftballons, die von der Kanzel aufsteigen – hat die Evangelische Jugend des Dekanats Vorderer Odenwald die Konfirmandinnen und Konfirmanden aus allen Kirchengemeinden zu „Rock the Church“ eingeladen. Die Kirchenbänke sind voll – mehr als 200 Konfirmandinnen und Konfirmanden sind mit ihren Pfarrerinnen und Pfarrern am Freitagabend in die Stadtkirche gekommen.
Impulspost „Frag Matz“ ist Thema
In diesem Jahr hat das Vorbereitungsteam die aktuelle Impulspost „Ich kann mich nicht entscheiden – Frag Matz“ der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) aufgenommen, die sich explizit an junge Kirchenmitglieder richtet. „Wer ist dir wichtiger? Familie – Freunde – Ich kann mich nicht entscheiden“: Zu dieser und weiteren Fragen konnten die Jugendlichen per Handy abstimmen. Das Ergebnis erschien dann auf den großen Bildschirmen.
„Gott hat sich für uns entschieden“, das ist das Credo des Magiers und Illusionskünstlers Mr. Joy. Er ist seit vielen Jahren bei „Rock the Church“ mit einem christlichen Input dabei, erzählt auf dem Einrad oder mit Fackeln von der Liebe Gottes und nahm auch die Entscheidungsschwierigkeiten junger Menschen in seiner Show auf. Danach wurden die Bänke beiseite geschafft. So konnten die Jugendlichen zu DJ-Beats abtanzen.
Queen und der Gottesdienst
Am nächsten Abend dann wieder ein Feuerwerk in diesem besonderen und geschichtsträchtigen Gebäude in Groß-Umstadts Stadtmitte. Draußen leuchtete ein Traversenkreuz mit dem Herrnhuter Stern und der LED-Werbung für die Veranstaltung um die Wette. Immer mehr Menschen kommen herbei. So viele, dass die jungen Leute immer mehr Kirchenbänke und Stühle herbeischleppen müssen.
Rund 300 Erwachsene erlebten mit, was es mit „Rock the Church“ auf sich hat. Zunächst gab es einen Queen-Gottesdienst, die Musik live gespielt von Heiko Elger, Sänger und Gitarrist der Rockband „Pfund“, und Axel Balke an den Keys. Den Gottesdienstablauf mit Gebet, Votum und Vaterunser hat die Evangelische Jugend gestaltet und die Texte selbst geschrieben. Tobias Meingast setzte als Freddie Mercury Impulse und gab biografische Einblicke in das Leben des Künstlers. „Musik war mein Leben, meine Sprache, mein Königreich. ,I want it all‘ – das war mein Ruf in die Welt, dass Träume kein Limit kennen.“
Die Gottesdienstbesucherinnen und -besucher erlebten einen ganz anderen Gottesdienst und viel Gefühl. Sie kamen untereinander in Kontakt, tauschten sich über die Liebe aus und sprachen sich einen Segen zu. Sie tanzten, pfiffen und applaudierten den Musikern und der Evangelischen Jugend. Im Anschluss legte DJ Stefan Krüger auf, der vielen bekannt ist von den After-Work-Partys der Winzergenossenschaft, und die Jugend tanzte mit den „Oldies“ um die Wette. „Berührt“, „beseelt“, „begeistert“, so waren die Reaktionen – zum Beispiel von Tine aus Höchst, von Margit aus Reichelsheim oder von Michael aus Schaafheim.
Besonderer Ort
„Die Kirche kann etwas anderes sein als nur der Ort für den Sonntagsgottesdienst“, sagt Dekanatsjugendreferent Rainer Volkmar, der „Rock the Church“ von Anfang an begleitet. Dahinter steht ein 40-köpfiges Team der Evangelischen Jugend und viele Stunden und Tage ehren- und hauptamtlicher Arbeit. Dahinter steht die Kirchengemeinde Groß-Umstadt, die die Stadtkirche sogar am ersten Advent zur Verfügung stellte, und dahinter steht das Evangelische Dekanat Vorderer Odenwald, das die Veranstaltung finanziert.
„Es war uns ein Fest“, freut sich Dekanatsjugendreferentin Manuela Bodensohn. „Es war ein toller Abschluss“, sagt Kollege Rainer Volkmar, „und vielleicht der Aufbruch zu etwas Neuem.“ Für ihn war es das letzte Mal „Rock the Church“ in seiner Funktion als Dekanatsjugendreferent. Er geht im Frühjahr in den Ruhestand.