manchmal erschrecke ich, wie die Zeit ins Land geht. Jetzt haben wir schon Mai, Christi Himmelfahrt, Ökumenischer Kirchentag in Frankfurt, alles ganz anders als gedacht. Und immer wieder geht mein Blick zurück: Wie sah es vor einem Jahr aus, als wir noch ziemlich am Anfang der Pandemie standen und so gar nicht wussten, was auf uns zukommen würde. Was ist seitdem passiert? Was hat sich verändert? Wie gehen wir mit der Situation um? Was haben wir gelernt? Haben wir etwas gelernt?
Corona-Krise, Woche 61.
„Impfangebot” ist das Wort der Stunde. Was voriges Jahr um ein Vielfaches besser war, ist das Wetter (so gut der Regen der Natur tut). Manchmal frage ich mich, wie wir durch den ersten Lockdown gekommen wären, hätte nicht die Sonne so konsequent geschienen. Sie war es auch, die Pfarrer Martin Vorländer Mut und Kraft trotz aller Angst und Unsicherheit gegeben hat. Seit Ende März 2020 ist/war er nahezu jeden Morgen mit seiner Hundedame Frau Ginger unterwegs und hat in den Sozialen Medien ein kleines Video mit Impuls, Hund und Sonnenaufgang gepostet – #dersonnenaufgangfraugingerundich. Für Radio Wein-Welle haben wir ein supertolles Interview geführt. Diese Woche ist Frau Ginger gestorben. Das tut mir so leid.
Am 25. Mai jährt sich der Tod von George Floyd. Er starb, weil der weiße Polizeibeamte Derek Chauvin neun Minuten und 29 Sekunden lang mit vollem Körpergewicht auf dem Hals des Afroamerikaners kniete und ihm die Atemluft abdrückte. „I can't breathe”, ich kann nicht atmen, hatte Floyd mehrfach gefleht. Sein Tod löste eine große Rassismus-Debatte aus (#blacklivesmatter). Am 20. April 2021 wurde Derek Chauvin des Totschlags in einem schweren Fall und der fahrlässigen Tötung für schuldig befunden. Eine Polizeireform ist in den USA auf den Weg gebracht. Möge es gelingen. Mögen Menschen anderer Hautfarbe endlich würdig behandelt werden.
Ein Verteidiger und Erklärer der Grundrechte ist der Jurist Ferdinand von Schirach. „Jeder Mensch“, heißt sein neuestes Bändchen, keine 30 Seiten stark. Die 5 Euro, die es kostet, fließen in die Webseite www.jeder-mensch.eu, auf der man für neue europäische Grundrechte stimmen kann.
„Man kann das Leben nur rückwärts verstehen, aber leben muss man es vorwärts”, hat der dänische Philosoph Søren Kierkegaard geschrieben. Das Zitat ist mir das erste Mal in die Hände gefallen – im wahrsten Sinne des Wortes –, als ich nach dem Tod meines Vaters einen Schrank ausräumte und einen Zettel fand, auf den mein Vater diesen Satz geschrieben hat. Unabhängig davon, dass mir schlagartig klar wurde, woher ich die Sätze-Wörter-Bücher-Sammelbegeisterung habe, hat es der Satz in sich. Im Leben nach vorn erweitern wir beständig unsere Erfahrungen. Doch vieles verstehen wir erst in der Rückschau genau mit diesem erweiterten Erfahrungshorizont. Wir bekommen einen andere Sicht auf die Dinge, nach und nach puzzlen sich manche Teile zusammen. Da kreuzen sich Zeiten.
„Worüber denken Sie gerade nach?” Das ist der fantastische Titel einer Serie in der Wochenzeitung Die Zeit. Nicht nur Virologen kommen zu Wort, sondern zum Beispiel auch der Philosoph Wolfram Eilenberger, der sich Gedanken über unsere Lebensform macht.
Zum 100. Geburtstag von Sophie Scholl habe ich noch einen Nachtrag. Seit dem 4. Mai gibt es auf dem Instagram-Kanal @ichbinsophiescholl Nachrichten, Zeichnungen, Fotos und Videos, die in das Leben und die Gedankenwelt der Widerstandskämpferin einführen. Das Ganze geht bis zu ihrer Verhaftung (am 10. Februar 1943) und ist ein Projekt von SWR und BR; Sophie Scholl wird gespielt von Luna Wedler. Die Rückmeldungen vor allem von jungen Leuten sind super.
Heute, am 12. Mai, ist übrigens der Internationale Tag der Pflege. Und ich schaue zurück und mir kommt das Klatschen für die Pflegekräfte in den Sinn. Ihnen gebührt unser tiefer Respekt, zumal in der Corona-Pandemie. Doch wie sieht es in der Realität aus? Die Arbeit ist hart, noch dazu schlecht bezahlt, es mangelt an gesellschaftlicher Wertschätzung. Nach wie vor! Fast ein Drittel der Pflegekräfte denkt aktuell darüber nach, den Beruf aufzugeben. Die Diakonie Hessen hat eine Themenseite zusammengestellt. Die Gewerkschaft Verdi hat zu einem Protest-Schweigen aufgerufen. Plakat
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Und hier kommen Tipps:
Allen voran ein paar Hinweise zum Ökumenischen Kirchentag (www.oekt.de):
Die Zusammenstellung der regionalen Angebote aus unserem Dekanat findet sich hier.
Der Samstagabend sei als quasi „hessischer Abend“ empfohlen. Die besonderen Tipps stammen von Miriam Küllmer-Vogt, der EKHN-Beauftragten für den ÖKT.
Heavenradio: Zum Ökumenischen Kirchentag in Frankfurt senden die evangelischen Kirchenredaktionen im Privatradio ein eigenes Programm. Es ist auf www.heavenradio.de und auf UKW 92,9 in Frankfurt zu empfangen.
Drewermann, Ökumene und der Kapitalismus: Publik-Forum hat auf dem ÖKT interessante Veranstaltungen im Angebot, zum Beispiel am Freitag, 14. Mai, 10 bis 12 Uhr, den Vortrag von Eugen Drewermann „Leben in der Weise Jesu”.
Rechtsterrorismus in Deutschland: Dazu gibt es am 15. Mai um 11 Uhr ein Podium und um 18 Uhr die abwechslungsreiche Stunde „Mutig Hetze und Gewalt begegnen“. Details
Zusätzlich zum offiziellen ÖKT-Programm bietet die Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus am 14. Mai um 14 Uhr eine Veranstaltung zu Verschwörungsglauben. Infos
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Behalten Sie die Dekanatswebseite im Blick! Dort wird es zu Pfingsten etwas geben. Und zu dem mit 1500 Euro dotierten Engagement-Preis „Farbe bekennen”, den das Dekanat am 20. Mai digital verleiht.
Die Evangelischen Frauen befassen sich bei ihrer digitalen FrauenFachKonferenz am 28. Mai mit dem Thema „Religiöse patriarchalische Traditionen in Gottesdienst und Alltag”. Als Referentin ist Dr. Ulrike Offenberg eingeladen, Rabbinerin der Jüdischen Gemeinde Hameln. Die Moderation der Veranstaltung hat Pfarrerin Andrea Thiemann. Übersicht
Wenn es um Geflüchtete geht, so ist es still geworden, aber das Leid nicht weniger. Caritas, Diakonie und das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) fordern Deutschland und die Europäische Union auf, Aufnahmeprogramme für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge auszuweiten.
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Das war jetzt ganz schön viel... Sorry! Zum Abschluss gibt es noch drei Anfangszeilen aus dem Gedicht „Gemeinsam” der großen Dichterin Rose Ausländer. Sie wäre gestern 120 Jahre alt geworden.
Vergesset nicht
Freunde
wir reisen gemeinsam
(...)
Bleiben Sie gesund,
bleiben Sie behütet,
Ihre Silke Rummel
Hinweise bitte an presse-vorderer-odenwald@ekhn.de. Der nächste Newsletter erscheint am Donnerstag, 27. Mai 2021.