

heute sind die Nachrichten von CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz geprägt, der am Mittwoch einen Antrag seiner Fraktion für eine schärfere Migrationspolitik erstmals mit den Stimmen der AfD durchsetzte. Die AfD-Fraktion frohlockte und schaute „selbstbesoffen”, wie die Zeit es formulierte, fürs Selfie in die Handykamera. Von Tabubruch ist die Rede (so empfinde ich es auch), von missbrauchtem Vertrauen, vom Bröckeln der Brandmauer. Und das ausgerechnet an dem Tag, an dem der Opfer des Holocaust im Bundestag gedacht wurde, in einer Woche, in der sich die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz am 27. Januar zum 80. Mal jährte. Wie berührend und zugleich entsetzlich waren die Nachrichtensendungen am Montag von eben jenem Ort, der das brutalste Massenvernichtungslager der Nazis war.
Ukraine-Krieg, Woche 153, Krieg in Nahost, Woche 69.
Die Gegenbewegungen schenken Hoffnung. Da ist die Stellungnahme der Kirchen. Da ist der Social Media-Pfarrer Jörg Niesner, der nach 25 Jahren aus der CDU austritt. Da sind die spontanen Demos. Da ist die grüne Außenministerin Annalena Baerbock, die auf Instagram Zitate frei nach Martin Niemöller, dem Widerstandskämpfer und ersten Kirchenpräsidenten der EKHN, verliest. Da ist der Deutsche Evangelische Kirchentag, der in Hannover ein Zeichen gegen Rechts setzen will. Da ist die Alt-Kanzlerin Angela Merkel, die Merz scharf kritisiert. Da ist die amerikanische Bischöfin, die sich gegen US-Präsident Donald Trump stellt und für Menschlichkeit eintritt.
Haben Sie schon mal etwas von Neurodiversität und Neurodivergenz gehört? Ich nicht, bis ich Anfang der Woche ein Interview mit Professor André Frank Zimpel im Radio hörte und fasziniert war. „Neurodiversität bezeichnet die Vielfalt menschlicher Nervensysteme, unter denen es wie bei Schneeflocken, niemals zwei sich völlig gleichende Exemplare gibt”, beschreibt er den Begriff. Neurodivergenz bedeutet, dass Gehirne bestimmte Standards nicht erfüllen können – wie zum Beispiel Autismus-Spektrum oder ADHS.
Es geht darum, deren Potenziale zu erkennen und nicht nur die Defizite zu sehen, wegzukommen von der Abwertung hin zur Einsicht, dass wir – auch neuronal – alle verschieden sind. Das ist – auf die aktuelle Politik bezogen – irgendwie auch ein Gegenprogramm zu den Rechten, die ja gerne eine feste Norm definieren und alle die aussortieren, die nicht hinein passen.
Vergessen wir nicht: Wir sind nicht ohnmächtig. Wir sind keine Opfer. Wir können Vielfalt wertschätzen. Wir können protestieren. Wir können handeln. Wir können wildfremden Menschen auf der Straße mit einem Lächeln begegnen. Wir können jeden Tag nach dem Guten suchen und Hoffnung säen. Wir können unterscheiden zwischen menschenfreundlich und menschenfeindlich. #weremember
Hier kommen noch Tipps und Hinweise:
Sieben Gebote für politischen Anstand im Wahlkampf: Der rheinische Präses Dr. Thorsten Latzel, früherer Leiter der Evangelischen Akademie in Frankfurt, hat diese formuliert. Sie finden sie hier.
Er hat auch sieben Orientierungen formuliert, wie politisch Kirche sein soll. Die finden Sie hier.
Bundestagswahl und Social Media: Der deutsch-syrische Influencer Omar Meslmani ist auf Instagram und Facebook eine wichtige Stimme für junge Menschen mit Migrationsbiografie und erreicht in Deutschland hunderttausende Follower. Er spricht am Dienstag, 4. Februar, 19 Uhr, beim Interkulturellen Mediendialog Rhein-Main im Haus am Dom, Domplatz 3, in Frankfurt zur wachsenden Bedeutung der sozialen Medien für die politische Meinungsbildung, speziell bei der Bundestagswahl. Um Anmeldung per Mail an erhardbrunn@web.de wird gebeten.
Deutliche Bischöfin: Die anglikanische Bischöfin von Washington, Mariann Edgar Budde, predigte zur Amtseinführung von US-Präsident Donald Trump und bat ihn um Erbarmen, um Mitgefühl und Barmherzigkeit. Seine Antwort war verheerend. Hier sehen Sie die Ansprache der Bischöfin auf Youtube und hier die Titelseite der taz.
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Bleiben Sie gesund und behütet,
Ihre Silke Rummel
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