

als ich vorletzte Woche zum Einkaufen fuhr, bin ich fast aus dem Auto gefallen. Ein riesiger aufgeblasener Weihnachtsmann prangte am Eingang des Supermarkts, bestimmt fünf Meter hoch, vielleicht auch zehn. An Lebkuchen und Schokonikoläuse im September haben wir uns ja inzwischen gewöhnt, aber dass der Advent schon Anfang November beginnt, war mir bisher nicht klar. Ich dachte, erst kommen die Gedenktage wie Pogromnacht, Buß- und Bettag, Volkstrauertag und Ewigkeitssonntag. Weil sie traurig machen und nachdenklich und der November oft lichtlos und grau ist, fürchten so viele ja diesen Monat. Vielleicht möchten sie deshalb lieber gleich in den Advent hüpfen. Die Adventsbeleuchtung leuchtet jedenfalls auch schon.
Ich mag den November irgendwie. Nicht immer, aber oft. Vielleicht tut er mir auch leid. Die stillen Tage sind für mich eine Art Pausenknopf. Ein bewusstes Erinnern an das, was war. Ein Reflektieren dessen, was ist und sein könnte, gerade auch mit Blick auf die Erfahrungen der Vergangenheit. Wir gedenken der Menschen, die uns lieb und wertvoll und einzigartig waren. Alles hat seine Zeit (Prediger 3).
Ukraine-Krieg, Woche 143, Krieg in Nahost, Woche 59.
Während in Deutschland die K-Frage schwelt (Eilmeldung: Boris Pistorius tritt nicht an) und der Bundestagswahlkampf an Fahrt aufnimmt, wird in Avignon ein Fall verhandelt, der so unfassbar ist, dass man ihn kaum für möglich hält. Ein Ehepaar ist jahrzehntelang verheiratet. Der Mann betäubt seine Frau und vergewaltigt sie. Er bietet sie im Internet anderen Männern an, betäubt sie und die Männer vergewaltigen sie. 51 Angeklagte missbrauchen eine Frau, die ohne Bewusstsein ist. „Damit die Scham die Seite wechselt”, so begründete Gisèle Pélicot zu Beginn des Prozesses ihre Entscheidung, alles öffentlich zu machen. Sie erfährt eine Menge Solidarität. Fremde Frauen fahren nach Avignon, um sie zu unterstützen.
Solidarität heißt, die Not anderer zu erkennen und die eigenen Interessen hintenan zu stellen. Sie ist eine Verwandte von Nächstenliebe und Barmherzigkeit und macht das Leben hoffnungsvoll. Hingehen oder vorüber? Der Präses der rheinischen Kirche, Dr. Thorsten Latzel, hat einen lesenswerten theologischen Impuls zum Buß- und Bettag geschrieben. Und der Schriftsteller Ilija Trojanow hat in der taz ein Plädoyer verfasst für „reale Geschichten des Gelingens, des Erkämpfens und Verteidigens”.
Hier kommen noch weitere Tipps und Hinweise:
Digitales Gedenken: Am Ewigkeitssonntag, 24. November, 18 Uhr, bietet das evangelische Portal www.trauernetz.de ergänzend zu den vielen Gottesdiensten in den Gemeinden eine Chatandacht an. Weitere Informationen
Adventsgeflüster: So nennt sich der kuschelige Nachmittag für Kinder zwischen fünf und zehn Jahren am Mittwoch, 11. Dezember, 15 bis 17.30 Uhr, im evangelischen Gemeindehaus in Altheim. Mit Geschichten, Basteln und Plätzchenbacken stimmen sich die Teilnehmenden auf die besondere Zeit im Jahr ein. Anmeldeschluss ist am 2. Dezember. Hier gibt es weitere Infos.
Interview zum Abschied: Dr. Volker Jung steht als Kirchenpräsident seit anderthalb Jahrzehnten an der Spitze der EKHN. Ende 2024 gibt der 64 Jahre alte Theologe sein Amt aus Altersgründen ab. Auf ekhn.de spricht er über den Pfarrer im Kirchenpräsidenten, besondere Leidenschaften, persönliche Kraftquellen und die Zukunft der Kirche.
Nie wieder? Besser immer wieder! Daniel Neumann, der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde in Darmstadt, hat aus Anlass des 9. November eine denkwürdige Rede gehalten. Er fragt sich, wieso es Antisemitismus eigentlich noch gibt und wieso er sogar schlimmer wird, wo sich doch jedes Jahr alle ein „Nie wieder” versprechen und beteuern, an der Seite der Jüdischen Gemeinden zu stehen. Vielleicht kommt es nicht darauf an, immer „Nie wieder” zu sagen, sondern vielmehr immer wieder etwas zu sagen gegen Judenfeindschaft und die Dämonisierung Israels. Hier geht es zur Rede.
Weniger Politik, mehr Nächstenliebe: Menschen äußern im Netz oft klare Meinungen über Religion. Forscher haben mithilfe von KI Online-Beiträge zu den Erwartungen an Kirche analysiert. Der Bericht
EKD-Präses zum Thema Kirchenasyl: Der Spiegel hat Anna-Nicole Heinrich, Präses der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), zum Kirchenasyl befragt und dazu, ob sich Kirche angesichts der Austrittszahlen noch so viel Kontroverse leisten kann. Das Interview gibt es hier.
Versiegelt und zugebaut: Der Mensch macht sich in Deutschland immer breiter, es gibt immer mehr Siedlungs- und Verkehrsflächen. Und vor allem wird immer mehr Boden versiegelt. Die Vegetationsflächen für Landwirtschaft und Wald schrumpfen dagegen. Das hat gravierende Auswirkungen. Der Deutschlandfunk hat ein umfangreiches Dossier zusammengestellt.
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Bleiben Sie gesund, behütet und hoffnungsvoll,
Ihre Silke Rummel
Der nächste Newsletter erscheint am Donnerstag, 5. Dezember 2024. Hinweise bitte an presse-vorderer-odenwald@ekhn.de.