Ingeborg Bachmann und Max Frisch galten als das berühmteste Paar der deutschsprachigen Nachkriegsliteratur. Knapp fünf Jahre lang waren sie zusammen. Um die Liebe des Paares rankten sich Legenden. Max Frisch wurde lange verantwortlich gemacht für Bachmanns frühen Tod 1973 in Rom.
Jahrzehntelang war der Briefwechsel der beiden unter Verschluss. Ingeborg Bachmann wollte nie, dass er jemals erscheint. Max Frischs Briefe hat sie vernichtet. Dass es sie dennoch gibt, liegt daran, dass er Durchschläge angefertigt hat (mit ihrem Wissen). Nun haben Bachmanns Geschwister der Veröffentlichung des Briefwechsels zugestimmt. „Wir haben es nicht gut gemacht"‚ ist der Titel. Die Feuilletons feiern das Erscheinen als Sensation. Ich habe irgendwie Bauchschmerzen, weil ich den Umgang mit dem „Letzten Willen” und der Privatheit einer Liebesbeziehung schwierig finde.
Für die Literaturgeschichte ist die Veröffentlichung ein Traum. An etlichen Stellen kann die Interpretation der Werke neu geschrieben – oder fest- oder weggeschrieben werden. Und doch, ein Beigeschmack bleibt: Ein Geheimnis ist gelüftet. Ein Mysterium entzaubert. Der bis dato „unentdeckte Rest” enthüllt.
Ukraine-Krieg, Woche 41, Corona-Krise, Woche 142.
Wirklich? Auf das Verhältnis, das ein Schriftsteller zur Sprache hat, antwortete Ingeborg Bachmann 1971 in einem Interview so: „Daß man ein Wort anders ansieht; schon ein einzelnes Wort – je näher man hinsieht, von um so weiter her schaut es zurück – ist doch schon mit sehr vielen Rätseln beladen; da kann ein Schriftsteller sich nicht der vorgefundenen Sprache, also der Phrasen bedienen, sondern er muß sie zerschreiben.”
Worte schauen zurück. Was für ein wirkmächtiges Bild!
Heute ist der 1. Dezember – das erste Türchen des Adventskalenders durfte geöffnet werden. Wir gehen Weihnachten entgegen. Der Advent sei auch eine Zeit der Selbstprüfung, sagt Kirchenpräsident Dr. Volker Jung.
Der Briefwechsel Bachmann/Frisch ist veröffentlicht – und doch bleiben Geheimnisse...
Noch zwei Tipps:
Audio-Tipp: Harald Lesch, ist Astrophysiker und erklärt immer jemandem was. In der ARD-Audiothek gibt es ein sehr hörenswertes Interview: https://www.ardaudiothek.de/episode/eins-zu-eins-der-talk/harald-lesch-astrophysiker/br/12121721/
Film-Tipp: Honecker und der Pastor: Die Evangelische Medienzentrale empfiehlt diesen Film für die Erwachsenenbildung. Ein Pfarrer nimmt das Ehepaar Honecker nach der Wende bei sich auf, das gebietet die Barmherzigkeit. Freunde werden sie alle nie. Der Film zeigt dennoch, was es heißen kann, Barmherzigkeit und Nächstenliebe in ihrer ganzen Bedeutung ernst zu nehmen. Kontakt: info@medienzentrale-ekhn.de
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Bleiben Sie gesund und behütet,
ich wünsche Ihnen eine segensreiche Adventszeit,
Ihre Silke Rummel
Der nächste und letzte Newsletter vor der Weihnachtspause erscheint am Donnerstag, 15. Dezember 2022. Hinweise bitte an presse-vorderer-odenwald@ekhn.de.