Denkanstoß
„Wie du möchtest…“
privat
25.08.2022
sru
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In einem gut gefüllten Urlaubsort fuhr neulich eine junge Mutter mit dem Fahrrad an mir vorbei, der Nachwuchs strampelte auf kleinem Rädchen direkt neben ihr. Kurz bevor die Straße sich gabelte, rief sie dem Kleinen zu: „Hier gerade aus – oder links, wie Du möchtest.“ Wie zu erwarten kam der kleine Kerl ins Schlingern. Ja was nun? Geradeaus? Oder links?
„Wie du möchtest“ scheint mir nicht die beste Ansage, wenn jemand Orientierung braucht, so dachte ich bei mir.
Und ich erinnerte mich an so manche Eltern, die im Brustton der Überzeugung sagen: „Mein Kind soll sich selbst entscheiden, was es glauben möchte.“ Das ist ja schön und gut, wenn das Kind religionsmündig, also etwa 14 Jahre alt ist oder gar darüber hinaus. Aber es überfordert die Kleinen, die Kita-Kinder und sogar noch die Grundschulkinder, die Orientierung benötigen, klare Ansagen suchen, auch, um zu hinterfragen oder sich dran zu reiben. Ich ermutige Eltern, Erzieher*innen und Religionslehrer*innen deshalb bewusst dazu, sich mit ihrem ganz persönlichen Glauben zu „outen“. – „Und wenn ich dabei was falsch mache?“, wurde ich mal gefragt. Dann antworte ich mit einem Postkartenspruch: „Ich habe so viel aus meinen Fehlern gelernt. Ich denke, vielleicht sollte ich noch ein paar machen.“
Ja, auch beim Blick auf unsere Kirche meine ich, wir Christenmenschen könnten viel öfter „klare Kante“ zeigen und damit unseren Glauben, unseren Gott ins Gespräch bringen. Vielleicht werden wir dadurch angreifbar, vielleicht ernten wir Rückfragen oder Kritik, sicher aber auch Anerkennung und Respekt. Eine klare Ansage ist mutig, oft genug fällig und sehr hilfreich für uns selbst und die Menschen, die uns anvertraut sind. Und wer falsch abbiegt, kann immer noch umkehren, oder? Schlingern kann jeder. Möchte ich aber nicht. Und Sie?
Viel Freude beim Radeln diesen Sommer und möglichst wenig Grund zum Schlingern wünscht Ihnen
Pfarrerin Gaby Heckmann-Fuchs, Evangelische Kirchengemeinde Groß-Bieberau
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