Blick nach Südafrika
Der große Baum ist gefallen
gemeinfreiDer südafrikanische Erzbischof Desmond Tutu ist Ende 2021 im Alter von 90 Jahren gestorben. Menschen aus den südafrikanischen Partnergemeinden erinnern sich.07.02.2022 sru Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
„Der große Baum ist gefallen”, so beginnt Sister Thandi ihren Videobeitrag zum Tod von Desmond Tutu. Das ist ein afrikanisches Sprichwort. Wenn ein großer Baum fällt, hinterlässt er viele Fruchtkapseln und Samen. Er hinterlässt auch eine riesige Lücke, aber mit Licht, sodass andere nachwachsen können. Und er wird zu Humus und nährt seine Nachkommen.
Am 26. Dezember 2021 verstarb der südafrikanische Theologe, Menschenrechtler, Friedensnobelpreisträger und frühere Erzbischof in Kapstadt. Desmond Tutu wurde 90 Jahre alt. Wir haben Mitglieder unserer Partnerkirche, der Moravian Church Capetown, District Süd gefragt, was Desmond Tutu für sie bedeutet hat. Manche haben ihn gekannt, und es kamen innerhalb kürzester Zeit drei Kurzvideos und eine Sprachnachricht zurück. Die Originalbeiträge – mit Übersetzung – von Colleen Cunningham, Sister Thandi, Rev. Houlie und Rev. Valentyn finden Sie hier:
Sister Thandi
Rev. Houlie
Rev. Valentyn
Ein Verbundener
Colleen Cunningham beschreibt Desmond Tutu nicht nur als Kämpfer gegen Apartheid und Rassismus, sondern als jemand, der sehr verbunden war. Er hat Leute aufgeweckt und ermutigt, sich zu beteiligen, größtenteils heiter, bei Bedarf aber auch ein Unruhestifter und scharfer Gegner. Und auch das ist ja ein Zeichen großer Verbundenheit. Denn Desmond Tutu hat nicht in erster Linie gegen, sondern für etwas gekämpft: für Gerechtigkeit, Frieden und Versöhnung. Und er hat seinen Gegnern immer die Möglichkeit gelassen, ihren Sinn zu wandeln und ihren Teil zu Wiedergutmachung und Gerechtigkeit beizusteuern. Dafür hat er 1984 den Friedensnobelpreis gewonnen.
Wir alle sind Schwestern und Brüder
Im Einklang mit der afrikanischen Philosophie des Ubuntu war Desmond Tutu davon überzeugt, dass wir alle in einem feinen Netzwerk von Wechselbeziehungen leben und Schwestern und Brüder sind, ob wir es wollen oder nicht. Nach dem Ende der Apartheid in Südafrika war Desmond Tutu Vorsitzender der Wahrheits- und Versöhnungskommission. In dieser Zeit hat ihn Rev. Houlie getroffen. Später setzte sich Desmond Tutu auch für Klimaschutz, die Akzeptanz von Schwulen und Lesben und gleichgeschlechtlicher Liebe ein und war aktiv im interreligiösen Gespräch. Darauf weist Rev. Valentyn hin.
Ubuntu – die unbedingte Achtung des Gegenüber
Bei Desmond Tutu sehen wir Ubuntu – in etwa zu übersetzen mit Menschlichkeit – Hand in Hand mit der Haltung der Nächstenliebe. Auch Nächstenliebe beruht – ähnlich wie Ubuntu – auf der unbedingten Achtung des Gegenübers, unabhängig von Hautfarbe, ethnischer Zugehörigkeit, Geschlecht, sozialem Status, Liebesleben oder Religion. Nächstenliebe hat nichts mit lieb sein zu tun. Es ist eine kämpferische Haltung, die Diskriminierung und Entwürdigung nicht zulässt, sondern nach Gerechtigkeit sucht. Das können wir von Desmond Tutu lernen im Streben für Klimaschutz, für Gleichberechtigung und gegen Rassismus hier bei uns.
Desmond Tutus Bedeutung weist weit über Kapstadt, Südafrika und auch über die christlichen Kirchen hinaus. Sein Tod ist ein Verlust für die gesamte Menschheit. Der große Baum ist gefallen. Es liegt an uns, seinen Nachkommen, in diese Lücke hineinzuwachsen.
Margit Binz
Nähere Infos zur über 30-jährigen Partnerschaft des Evangelischen Dekanats Vorderer Odenwald mit der Herrnhuter Kirche in Kapstadt gibt die Vorsitzende des Partnerschaftsausschusses: Margit Binz, Pfarrerin für Ökumene, Telefon: 06078/78259-10, Mobil: 0176-80546432, E-Mail: oekumene-vorderer-odenwald@ekhn.de
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