Geld und Gerechtigkeit
Wider die Gier
Dekanat Vorderer OdenwaldGottesdienst zwischen Münzzähler und Beratungsterminals.26.11.2018 sru Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Jazzmusik, Predigt und Gebet zur besten Mittagszeit im Foyer der Sparkasse Dieburg? „Gott kann ja überall sein“, sagt Schulseelsorger Karsten Gollnow zur Begrüßung. Sogar ein Altar ist aufgebaut zwischen den Beratungstischen und dem Werbebanner für Immobilienverkäufe. Mehr als ein Bankkunde, eigentlich zum Geld abheben oder Kontoauszug drucken gekommen, reckt den Kopf, wundert sich, bleibt stehen oder wendet sich wieder seinen Geschäften zu.
Das Bild neben Marktbereichsleiter Hans-Peter Schmücker zeigt einen weitaufgerissenen Mund. Es trägt den Titel „Gier“ und entstammt Schmückers Bilderzyklus zu den Sieben Todsünden. Die Gier sei zum Grundgesetz wirtschaftlichen Handels mutiert, so der Bank-Chef. Die Sünde bestehe in der Hartherzigkeit und Gedankenlosigkeit gegenüber denjenigen, die immer noch unter Hunger litten und in einer ökologischen Arroganz, mit der wir unser Leben gestalteten.
Was haben Geld und Gerechtigkeit miteinander zu tun? Bedeutet Geld automatisch Reichtum? In zwei Sprechmotetten äußern sich Schülerinnen und Schüler dazu, was man sich mit Geld kaufen kann, zum Beispiel Doktortitel oder Sex, was man sich mit Geld nicht kaufen kann – echte Freunde etwa, Liebe, Familie und Erfahrungen – und wozu Geld nützlich ist. Zum Beispiel, um Gutes zu tun. Die Bank-Auszubildende fragt im Interview ihren Chef: Was können Sparkassen-Mitarbeiter tun, um den Kunden zu mehr Reichtum zu verhelfen? Für die Mitarbeiter hätten sie Vertriebsdruck und Einsatzziele herausgenommen. Sie würden den Kunden das verkaufen, was diese bräuchten. „Vertrauen erlangt man durch zuhören“, antwortet Schmücker.
„Der Mensch ist das Entscheidende“
Während der Kontoauszugsdrucker rattert und am EC-Automaten leises Piepen zu hören ist, predigt Hubertus Naumann anhand des Gleichnisses vom Nadelöhr davon, dass ein Kaufmann, dem menschliche Werte schnuppe seien, sich in eine Marionette des Geldes verwandle. „Der Mensch ist das Entscheidende.“
Nach Fürbitte, Gebet und Segen endet der Gottesdienst. Musikalisch begleitet wurde er von der Gruppe Jazz-Konfekt, bei der Schulseelsorger Karsten Gollnow die Gitarre spielt. „Außergewöhnlich“, kommentiert ein LGS-Schüler den Gottesdienst. „Es war so speziell“, sagt eine Besucherin, die auch im Finanzwesen tätig ist, „ich bin froh, dass ich hergekommen bin“.
Mit dem Gottesdienst im Foyer der Sparkasse endete die sogenannte „LGS-Extra-Woche“, bei der die Schulseelsorger Karsten Gollnow und Hubertus Naumann rund um den Buß- und Bettag mit der ganzen Schulgemeinde selbstkritisch über gesellschaftliche Fragen nachdenken wollten. Es ging um die soziale Frage, um die Bedeutung von Arbeit und Geld, um den Umgang mit Armut und Reichtum, um Träume und Utopien von einer gerechteren Welt. Anlass ist der 200. Geburtstag von Karl Marx in diesem Jahr, und so war auch die Woche überschrieben mit: „Von Jesus zu Karl Marx“. Die Veranstaltungen sind Teil der Reihe „LGS extra“, mit der die Schulseelsorge in Zusammenarbeit mit dem Dekanat Vorderer Odenwald regelmäßig Impulse zu gesellschaftsrelevanten Themen geben will.
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